eine Meile von Eisenach, und ihn überfiel, da er seine Wurzeln verzehrt hatte, eine unwider¬ stehliche Trägheit, so daß er mitten auf dem Felde einschlief, und erst am Abend bei Son¬ nenuntergang wieder erwachte.
Da er nun nach dem nächsten Dorfe zuge¬ hen wollte, so kam er vom rechten Wege ab, und erreichte erst spät einen Gasthof, wo er nichts verzehrte, sondern am andern Morgen bloß die Streu bezahlte.
Von diesem Dorfe aus verirrte er sich am andern Tage wieder zwischen den Feldern, wo er Wurzeln suchte, die gestrige Trägheit über¬ fiel ihn wieder, die Hitze war drückend, und wo er den Schatten eines Baumes fand, da legte er sich nieder, und sogleich überfiel ihn der Schlaf; so daß er auf dem Wege von Ei¬ senach bis Gotha, den er auf der Hinreise in wenigen Stunden zurückgelegt hatte, beinahe vier Tage zubrachte.
So labyrinthisch wie sein Schicksal war, wurden auch nun seine Wanderungen, er wußte sich aus beiden nicht mehr herauszufinden; vor Gotha schien sich seine Straße zurückzubiegen,
eine Meile von Eiſenach, und ihn uͤberfiel, da er ſeine Wurzeln verzehrt hatte, eine unwider¬ ſtehliche Traͤgheit, ſo daß er mitten auf dem Felde einſchlief, und erſt am Abend bei Son¬ nenuntergang wieder erwachte.
Da er nun nach dem naͤchſten Dorfe zuge¬ hen wollte, ſo kam er vom rechten Wege ab, und erreichte erſt ſpaͤt einen Gaſthof, wo er nichts verzehrte, ſondern am andern Morgen bloß die Streu bezahlte.
Von dieſem Dorfe aus verirrte er ſich am andern Tage wieder zwiſchen den Feldern, wo er Wurzeln ſuchte, die geſtrige Traͤgheit uͤber¬ fiel ihn wieder, die Hitze war druͤckend, und wo er den Schatten eines Baumes fand, da legte er ſich nieder, und ſogleich uͤberfiel ihn der Schlaf; ſo daß er auf dem Wege von Ei¬ ſenach bis Gotha, den er auf der Hinreiſe in wenigen Stunden zuruͤckgelegt hatte, beinahe vier Tage zubrachte.
So labyrinthiſch wie ſein Schickſal war, wurden auch nun ſeine Wanderungen, er wußte ſich aus beiden nicht mehr herauszufinden; vor Gotha ſchien ſich ſeine Straße zuruͤckzubiegen,
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eine Meile von Eiſenach, und ihn uͤberfiel, da
er ſeine Wurzeln verzehrt hatte, eine unwider¬
ſtehliche Traͤgheit, ſo daß er mitten auf dem
Felde einſchlief, und erſt am Abend bei Son¬
nenuntergang wieder erwachte.
Da er nun nach dem naͤchſten Dorfe zuge¬
hen wollte, ſo kam er vom rechten Wege ab,
und erreichte erſt ſpaͤt einen Gaſthof, wo er
nichts verzehrte, ſondern am andern Morgen
bloß die Streu bezahlte.
Von dieſem Dorfe aus verirrte er ſich am
andern Tage wieder zwiſchen den Feldern, wo
er Wurzeln ſuchte, die geſtrige Traͤgheit uͤber¬
fiel ihn wieder, die Hitze war druͤckend, und
wo er den Schatten eines Baumes fand, da
legte er ſich nieder, und ſogleich uͤberfiel ihn
der Schlaf; ſo daß er auf dem Wege von Ei¬
ſenach bis Gotha, den er auf der Hinreiſe in
wenigen Stunden zuruͤckgelegt hatte, beinahe
vier Tage zubrachte.
So labyrinthiſch wie ſein Schickſal war,
wurden auch nun ſeine Wanderungen, er wußte
ſich aus beiden nicht mehr herauszufinden; vor
Gotha ſchien ſich ſeine Straße zuruͤckzubiegen,
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/96>, abgerufen am 16.02.2025.
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