Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

Er wanderte bis gegen Mittag auf eine
ziemlich unbequeme Weise, weil der Boden noch
nicht trocken war, wobei nun zu seinem Schrek¬
ken seine Schuh zu leiden anfingen, die unter
seinen Umständen gewissermaßen einen unersetz¬
lichen Theil seines Selbst ausmachten.

Er fühlte den drohenden Verlust mit jedem
Schritte den er that, als um die Mittagsstunde
der Himmel sich wieder mit Wolken umzog, die
einen neuen Regenguß prophezeieten, welcher
sich auch sehr bald einstellte, und Reisers Wan¬
derschaft zum zweitenmal unterbrach.

Zum Glück erreichte er bald ein Jägerhaus,
das mitten auf einem rund umher mit Wald
umgebenen Felde lag, und wo er eben so voller
Zutraun einkehrte, als er höflich und gut auf¬
genommen und bewirthet wurde.

Es war, als ob sein Empfang schon vorbe¬
reitet wäre, so freundschaftlich nahmen ihn die
Leute in dieser einsamen Wohnung auf.

Es war, als ob es sich bei diesen Leuten von
selbst verstände, daß man in einem solchen Wet¬
ter einen Wanderer aufnehmen müsse. Es hörte

Er wanderte bis gegen Mittag auf eine
ziemlich unbequeme Weiſe, weil der Boden noch
nicht trocken war, wobei nun zu ſeinem Schrek¬
ken ſeine Schuh zu leiden anfingen, die unter
ſeinen Umſtaͤnden gewiſſermaßen einen unerſetz¬
lichen Theil ſeines Selbſt ausmachten.

Er fuͤhlte den drohenden Verluſt mit jedem
Schritte den er that, als um die Mittagsſtunde
der Himmel ſich wieder mit Wolken umzog, die
einen neuen Regenguß prophezeieten, welcher
ſich auch ſehr bald einſtellte, und Reiſers Wan¬
derſchaft zum zweitenmal unterbrach.

Zum Gluͤck erreichte er bald ein Jaͤgerhaus,
das mitten auf einem rund umher mit Wald
umgebenen Felde lag, und wo er eben ſo voller
Zutraun einkehrte, als er hoͤflich und gut auf¬
genommen und bewirthet wurde.

Es war, als ob ſein Empfang ſchon vorbe¬
reitet waͤre, ſo freundſchaftlich nahmen ihn die
Leute in dieſer einſamen Wohnung auf.

Es war, als ob es ſich bei dieſen Leuten von
ſelbſt verſtaͤnde, daß man in einem ſolchen Wet¬
ter einen Wanderer aufnehmen muͤſſe. Es hoͤrte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0048" n="34"/>
      <p>Er wanderte bis gegen Mittag auf eine<lb/>
ziemlich unbequeme Wei&#x017F;e, weil der Boden noch<lb/>
nicht trocken war, wobei nun zu &#x017F;einem Schrek¬<lb/>
ken &#x017F;eine Schuh zu leiden anfingen, die unter<lb/>
&#x017F;einen Um&#x017F;ta&#x0364;nden gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen einen uner&#x017F;etz¬<lb/>
lichen Theil &#x017F;eines Selb&#x017F;t ausmachten.</p><lb/>
      <p>Er fu&#x0364;hlte den drohenden Verlu&#x017F;t mit jedem<lb/>
Schritte den er that, als um die Mittags&#x017F;tunde<lb/>
der Himmel &#x017F;ich wieder mit Wolken umzog, die<lb/>
einen neuen Regenguß prophezeieten, welcher<lb/>
&#x017F;ich auch &#x017F;ehr bald ein&#x017F;tellte, und Rei&#x017F;ers Wan¬<lb/>
der&#x017F;chaft zum zweitenmal unterbrach.</p><lb/>
      <p>Zum Glu&#x0364;ck erreichte er bald ein Ja&#x0364;gerhaus,<lb/>
das mitten auf einem rund umher mit Wald<lb/>
umgebenen Felde lag, und wo er eben &#x017F;o voller<lb/>
Zutraun einkehrte, als er ho&#x0364;flich und gut auf¬<lb/>
genommen und bewirthet wurde.</p><lb/>
      <p>Es war, als ob &#x017F;ein Empfang &#x017F;chon vorbe¬<lb/>
reitet wa&#x0364;re, &#x017F;o freund&#x017F;chaftlich nahmen ihn die<lb/>
Leute in die&#x017F;er ein&#x017F;amen Wohnung auf.</p><lb/>
      <p>Es war, als ob es &#x017F;ich bei die&#x017F;en Leuten von<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;ta&#x0364;nde, daß man in einem &#x017F;olchen Wet¬<lb/>
ter einen Wanderer aufnehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Es ho&#x0364;rte<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0048] Er wanderte bis gegen Mittag auf eine ziemlich unbequeme Weiſe, weil der Boden noch nicht trocken war, wobei nun zu ſeinem Schrek¬ ken ſeine Schuh zu leiden anfingen, die unter ſeinen Umſtaͤnden gewiſſermaßen einen unerſetz¬ lichen Theil ſeines Selbſt ausmachten. Er fuͤhlte den drohenden Verluſt mit jedem Schritte den er that, als um die Mittagsſtunde der Himmel ſich wieder mit Wolken umzog, die einen neuen Regenguß prophezeieten, welcher ſich auch ſehr bald einſtellte, und Reiſers Wan¬ derſchaft zum zweitenmal unterbrach. Zum Gluͤck erreichte er bald ein Jaͤgerhaus, das mitten auf einem rund umher mit Wald umgebenen Felde lag, und wo er eben ſo voller Zutraun einkehrte, als er hoͤflich und gut auf¬ genommen und bewirthet wurde. Es war, als ob ſein Empfang ſchon vorbe¬ reitet waͤre, ſo freundſchaftlich nahmen ihn die Leute in dieſer einſamen Wohnung auf. Es war, als ob es ſich bei dieſen Leuten von ſelbſt verſtaͤnde, daß man in einem ſolchen Wet¬ ter einen Wanderer aufnehmen muͤſſe. Es hoͤrte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/48
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/48>, abgerufen am 23.04.2024.