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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

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zahlen, welches dieser aber mit Gewalt nicht
zugab.

Sie gingen nun aus dem Dorfe Orschla auf
Hähnichen zu eine Anhöhe herauf, der Soldat
sprach kein Wort, und da sie durch ein Gehölz
kamen, so erwartete nun Reiser jeden Augen¬
blick die Entscheidung seines Schicksals, dent
er doch nicht entgehen könnte.

Auf einmal stand der Soldat still, und hielt
an Reisern eine ordentlich pathetische Anrede,
er sollte sich noch einmal prüfen, ob er sich wirk¬
lich getraute, nicht in die Hände anderer Wer¬
ber zu fallen; denn das Einzige würde ihm nur
ärgern, wenn er hörte. daß Reiser doch Soldat
geworden wäre, und ihn also gleichsam betro¬
gen hätte: wenn es aber sein wirklicher Vorsatz
sey zu studiren, und nicht Soldat zu werden,
so wünsche er ihm Glück zu seinem Vorhaben,
und eine glückliche Reise.

Hiermit ging er fort, und Reiser traute
immer noch nicht recht, bis er erst eine ganze
Strecke gegangen war, und ihm nichts auffal¬
lendes begegnete, ausser einem pucklichten Mann,
der zwei Schweine vor sich hertrieb, und ihn

lateinisch

zahlen, welches dieſer aber mit Gewalt nicht
zugab.

Sie gingen nun aus dem Dorfe Orſchla auf
Haͤhnichen zu eine Anhoͤhe herauf, der Soldat
ſprach kein Wort, und da ſie durch ein Gehoͤlz
kamen, ſo erwartete nun Reiſer jeden Augen¬
blick die Entſcheidung ſeines Schickſals, dent
er doch nicht entgehen koͤnnte.

Auf einmal ſtand der Soldat ſtill, und hielt
an Reiſern eine ordentlich pathetiſche Anrede,
er ſollte ſich noch einmal pruͤfen, ob er ſich wirk¬
lich getraute, nicht in die Haͤnde anderer Wer¬
ber zu fallen; denn das Einzige wuͤrde ihm nur
aͤrgern, wenn er hoͤrte. daß Reiſer doch Soldat
geworden waͤre, und ihn alſo gleichſam betro¬
gen haͤtte: wenn es aber ſein wirklicher Vorſatz
ſey zu ſtudiren, und nicht Soldat zu werden,
ſo wuͤnſche er ihm Gluͤck zu ſeinem Vorhaben,
und eine gluͤckliche Reiſe.

Hiermit ging er fort, und Reiſer traute
immer noch nicht recht, bis er erſt eine ganze
Strecke gegangen war, und ihm nichts auffal¬
lendes begegnete, auſſer einem pucklichten Mann,
der zwei Schweine vor ſich hertrieb, und ihn

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[32/0046] zahlen, welches dieſer aber mit Gewalt nicht zugab. Sie gingen nun aus dem Dorfe Orſchla auf Haͤhnichen zu eine Anhoͤhe herauf, der Soldat ſprach kein Wort, und da ſie durch ein Gehoͤlz kamen, ſo erwartete nun Reiſer jeden Augen¬ blick die Entſcheidung ſeines Schickſals, dent er doch nicht entgehen koͤnnte. Auf einmal ſtand der Soldat ſtill, und hielt an Reiſern eine ordentlich pathetiſche Anrede, er ſollte ſich noch einmal pruͤfen, ob er ſich wirk¬ lich getraute, nicht in die Haͤnde anderer Wer¬ ber zu fallen; denn das Einzige wuͤrde ihm nur aͤrgern, wenn er hoͤrte. daß Reiſer doch Soldat geworden waͤre, und ihn alſo gleichſam betro¬ gen haͤtte: wenn es aber ſein wirklicher Vorſatz ſey zu ſtudiren, und nicht Soldat zu werden, ſo wuͤnſche er ihm Gluͤck zu ſeinem Vorhaben, und eine gluͤckliche Reiſe. Hiermit ging er fort, und Reiſer traute immer noch nicht recht, bis er erſt eine ganze Strecke gegangen war, und ihm nichts auffal¬ lendes begegnete, auſſer einem pucklichten Mann, der zwei Schweine vor ſich hertrieb, und ihn lateiniſch

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/46>, abgerufen am 25.11.2024.