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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

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an äußerer Darstellungskraft ihm fehlte. --
Ihm däuchte, die Stärke womit er seine Rolle
empfand, müsse alles mit sich fortreißen, und
ihn seiner selbst vergessen machen. --

Dies geschahe auch wirklich, wenn während
dem Gehen seine Einbildungskraft immer er¬
hitzter wurde -- und er denn endlich auf dem
Felde, wo er sich ganz allein glaubte, mit Beau¬
marchais laut zu toben, mit Guelfo zu rasen
anfing.

Dieser Guelfo aus Klavigo's Zwillingen war
vor seiner Abreise aus H... eine seiner Lieb¬
lingsrollen geworden; denn er fand sein Hohn¬
gelächter über sich selber, seinen Selbsthaß, seine
Selbstverachtung und Selbstvernichtungssucht,
dennoch mit Kraft vereint, in dem Guelfo wie¬
der. Und der Akt, wo Guelfo nach dem Bru¬
dermord, den Spiegel in welchem er sich sieht,
zerschmettert, war Reisern ein wahres Fest. --
Alle dies überspannte Schreckliche hatte ihn
gleichsam berauscht -- er taumelte in dieser
Trunkenheit über Berg und Thal -- und wo er
ging, da war sein Schauplatz unbegrenzt. --

an aͤußerer Darſtellungskraft ihm fehlte. —
Ihm daͤuchte, die Staͤrke womit er ſeine Rolle
empfand, muͤſſe alles mit ſich fortreißen, und
ihn ſeiner ſelbſt vergeſſen machen. —

Dies geſchahe auch wirklich, wenn waͤhrend
dem Gehen ſeine Einbildungskraft immer er¬
hitzter wurde — und er denn endlich auf dem
Felde, wo er ſich ganz allein glaubte, mit Beau¬
marchais laut zu toben, mit Guelfo zu raſen
anfing.

Dieſer Guelfo aus Klavigo's Zwillingen war
vor ſeiner Abreiſe aus H... eine ſeiner Lieb¬
lingsrollen geworden; denn er fand ſein Hohn¬
gelaͤchter uͤber ſich ſelber, ſeinen Selbſthaß, ſeine
Selbſtverachtung und Selbſtvernichtungsſucht,
dennoch mit Kraft vereint, in dem Guelfo wie¬
der. Und der Akt, wo Guelfo nach dem Bru¬
dermord, den Spiegel in welchem er ſich ſieht,
zerſchmettert, war Reiſern ein wahres Feſt. —
Alle dies uͤberſpannte Schreckliche hatte ihn
gleichſam berauſcht — er taumelte in dieſer
Trunkenheit uͤber Berg und Thal — und wo er
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[14/0028] an aͤußerer Darſtellungskraft ihm fehlte. — Ihm daͤuchte, die Staͤrke womit er ſeine Rolle empfand, muͤſſe alles mit ſich fortreißen, und ihn ſeiner ſelbſt vergeſſen machen. — Dies geſchahe auch wirklich, wenn waͤhrend dem Gehen ſeine Einbildungskraft immer er¬ hitzter wurde — und er denn endlich auf dem Felde, wo er ſich ganz allein glaubte, mit Beau¬ marchais laut zu toben, mit Guelfo zu raſen anfing. Dieſer Guelfo aus Klavigo's Zwillingen war vor ſeiner Abreiſe aus H... eine ſeiner Lieb¬ lingsrollen geworden; denn er fand ſein Hohn¬ gelaͤchter uͤber ſich ſelber, ſeinen Selbſthaß, ſeine Selbſtverachtung und Selbſtvernichtungsſucht, dennoch mit Kraft vereint, in dem Guelfo wie¬ der. Und der Akt, wo Guelfo nach dem Bru¬ dermord, den Spiegel in welchem er ſich ſieht, zerſchmettert, war Reiſern ein wahres Feſt. — Alle dies uͤberſpannte Schreckliche hatte ihn gleichſam berauſcht — er taumelte in dieſer Trunkenheit uͤber Berg und Thal — und wo er ging, da war ſein Schauplatz unbegrenzt. —

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/28>, abgerufen am 28.11.2024.