Und als dieß nun nur erst einmal geschehen war, so schrieb er gleichsam triumphirend an Philipp Reisern.
Jetzt, mein Lieber! bin ich in einer Lage, welche ich mir nicht reitzender wünschen könnte. Ich blicke aus meinem kleinen Fenster über die weite Flur hinaus, sehe ganz in der Ferne eine Reihe Bäumchen auf einem kleinen Hügel her¬ vorragen, und denke an Dich, mein Lieber u. s. w. Ich habe die Schlüssel dieser einsamen Woh¬ nung, und bin hier Herr im Haus' und Garten, u. s. w. Wenn ich denn manchmal so da sitze, an dem kleinen Oefchen, und mir selbst meinen Thee koche, u. s. w.
In dem Tone gieng es fort, und ward ein stattlicher und langer Brief; und als nun Rei¬ ser es nicht über das Herz bringen konnte, die¬ sen schönen Brief nicht auch seinem kritischen Freunde, dem Doktor Sauer zu zeigen: so verdarb dieser vollends die Sache, indem er ihm nach seiner gutmüthigen Höflichkeit das Kompliment machte: wenn ihm Reisers Gegen¬ wart nicht selbst zu lieb wäre, so würde er wün¬
M 4
Und als dieß nun nur erſt einmal geſchehen war, ſo ſchrieb er gleichſam triumphirend an Philipp Reiſern.
Jetzt, mein Lieber! bin ich in einer Lage, welche ich mir nicht reitzender wuͤnſchen koͤnnte. Ich blicke aus meinem kleinen Fenſter uͤber die weite Flur hinaus, ſehe ganz in der Ferne eine Reihe Baͤumchen auf einem kleinen Huͤgel her¬ vorragen, und denke an Dich, mein Lieber u. ſ. w. Ich habe die Schluͤſſel dieſer einſamen Woh¬ nung, und bin hier Herr im Hauſ' und Garten, u. ſ. w. Wenn ich denn manchmal ſo da ſitze, an dem kleinen Oefchen, und mir ſelbſt meinen Thee koche, u. ſ. w.
In dem Tone gieng es fort, und ward ein ſtattlicher und langer Brief; und als nun Rei¬ ſer es nicht uͤber das Herz bringen konnte, die¬ ſen ſchoͤnen Brief nicht auch ſeinem kritiſchen Freunde, dem Doktor Sauer zu zeigen: ſo verdarb dieſer vollends die Sache, indem er ihm nach ſeiner gutmuͤthigen Hoͤflichkeit das Kompliment machte: wenn ihm Reiſers Gegen¬ wart nicht ſelbſt zu lieb waͤre, ſo wuͤrde er wuͤn¬
M 4
<TEI><text><body><pbfacs="#f0197"n="183"/><p>Und als dieß nun nur erſt einmal geſchehen<lb/>
war, ſo ſchrieb er gleichſam triumphirend an<lb/>
Philipp Reiſern.</p><lb/><p>Jetzt, mein Lieber! bin ich in einer Lage,<lb/>
welche ich mir nicht reitzender wuͤnſchen koͤnnte.<lb/>
Ich blicke aus meinem kleinen Fenſter uͤber die<lb/>
weite Flur hinaus, ſehe ganz in der Ferne eine<lb/>
Reihe Baͤumchen auf einem kleinen Huͤgel her¬<lb/>
vorragen, und denke an Dich, mein Lieber u. ſ.<lb/>
w. Ich habe die Schluͤſſel dieſer einſamen Woh¬<lb/>
nung, und bin hier Herr im Hauſ' und Garten,<lb/>
u. ſ. w. Wenn ich denn manchmal ſo da ſitze,<lb/>
an dem kleinen Oefchen, und mir ſelbſt meinen<lb/>
Thee koche, u. ſ. w.</p><lb/><p>In dem Tone gieng es fort, und ward ein<lb/>ſtattlicher und langer Brief; und als nun Rei¬<lb/>ſer es nicht uͤber das Herz bringen konnte, die¬<lb/>ſen ſchoͤnen Brief nicht auch ſeinem kritiſchen<lb/>
Freunde, dem Doktor Sauer zu zeigen: ſo<lb/>
verdarb dieſer vollends die Sache, indem er<lb/>
ihm nach ſeiner gutmuͤthigen Hoͤflichkeit das<lb/>
Kompliment machte: wenn ihm Reiſers Gegen¬<lb/>
wart nicht ſelbſt zu lieb waͤre, ſo wuͤrde er wuͤn¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 4<lb/></fw></p></body></text></TEI>
[183/0197]
Und als dieß nun nur erſt einmal geſchehen
war, ſo ſchrieb er gleichſam triumphirend an
Philipp Reiſern.
Jetzt, mein Lieber! bin ich in einer Lage,
welche ich mir nicht reitzender wuͤnſchen koͤnnte.
Ich blicke aus meinem kleinen Fenſter uͤber die
weite Flur hinaus, ſehe ganz in der Ferne eine
Reihe Baͤumchen auf einem kleinen Huͤgel her¬
vorragen, und denke an Dich, mein Lieber u. ſ.
w. Ich habe die Schluͤſſel dieſer einſamen Woh¬
nung, und bin hier Herr im Hauſ' und Garten,
u. ſ. w. Wenn ich denn manchmal ſo da ſitze,
an dem kleinen Oefchen, und mir ſelbſt meinen
Thee koche, u. ſ. w.
In dem Tone gieng es fort, und ward ein
ſtattlicher und langer Brief; und als nun Rei¬
ſer es nicht uͤber das Herz bringen konnte, die¬
ſen ſchoͤnen Brief nicht auch ſeinem kritiſchen
Freunde, dem Doktor Sauer zu zeigen: ſo
verdarb dieſer vollends die Sache, indem er
ihm nach ſeiner gutmuͤthigen Hoͤflichkeit das
Kompliment machte: wenn ihm Reiſers Gegen¬
wart nicht ſelbſt zu lieb waͤre, ſo wuͤrde er wuͤn¬
M 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/197>, abgerufen am 07.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.