Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.Strom hinreißen, und spielte bei jeder Gele¬ Reisern war es schon aufmunternd, daß K 2
Strom hinreißen, und ſpielte bei jeder Gele¬ Reiſern war es ſchon aufmunternd, daß K 2
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0161" n="147"/> Strom hinreißen, und ſpielte bei jeder Gele¬<lb/> genheit den Empfindſamen, ohne es ſelbſt zu wiſ¬<lb/> ſen; denn er eiferte ſehr oft mit Reiſern gegen<lb/> das Laͤcherliche einer affektirten Empfindſamkeit<lb/> — weil er aber nicht bloß vor andern empfind¬<lb/> ſam zu ſcheinen, ſondern es fuͤr ſich ſelber wirk¬<lb/> lich zu ſeyn ſuchte, ſo deuchte ihm das keine<lb/> Affektation mehr, ſondern er trieb dieß nun<lb/> als eine ganz ernſthafte Sache, die keinen<lb/> Spott auf ſich leidet, und zog Reiſern allmaͤ¬<lb/> lig mit in dieſen Wirbel hinuͤber, der die Seele<lb/> ſo lange hinaufſchraubt, bis ſie in den abge¬<lb/> ſchmackteſten Zuſtand geraͤth, den man ſich den¬<lb/> ken kann.</p><lb/> <p>Reiſern war es ſchon aufmunternd, daß<lb/> ohngeachtet ſeiner duͤrftigen Umſtaͤnde ſich je¬<lb/> mand an ihn ſchloß, dem es nicht an aͤußern<lb/> Gluͤcksguͤtern fehlte. — Nach und nach aber<lb/> bildete ſich bei ihm eine ordentliche Liebe und<lb/> Anhaͤnglichkeit an den jungen N. . . ., welche<lb/> durch deſſen wahre Freundſchaft fuͤr Reiſern im¬<lb/> mer vermehrt wurde, ſo daß ſie ſich immer<lb/> mehr, auch in ihren Thorheiten, einander naͤ¬<lb/> herten, und von ihrer Melancholie und Em¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 2<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [147/0161]
Strom hinreißen, und ſpielte bei jeder Gele¬
genheit den Empfindſamen, ohne es ſelbſt zu wiſ¬
ſen; denn er eiferte ſehr oft mit Reiſern gegen
das Laͤcherliche einer affektirten Empfindſamkeit
— weil er aber nicht bloß vor andern empfind¬
ſam zu ſcheinen, ſondern es fuͤr ſich ſelber wirk¬
lich zu ſeyn ſuchte, ſo deuchte ihm das keine
Affektation mehr, ſondern er trieb dieß nun
als eine ganz ernſthafte Sache, die keinen
Spott auf ſich leidet, und zog Reiſern allmaͤ¬
lig mit in dieſen Wirbel hinuͤber, der die Seele
ſo lange hinaufſchraubt, bis ſie in den abge¬
ſchmackteſten Zuſtand geraͤth, den man ſich den¬
ken kann.
Reiſern war es ſchon aufmunternd, daß
ohngeachtet ſeiner duͤrftigen Umſtaͤnde ſich je¬
mand an ihn ſchloß, dem es nicht an aͤußern
Gluͤcksguͤtern fehlte. — Nach und nach aber
bildete ſich bei ihm eine ordentliche Liebe und
Anhaͤnglichkeit an den jungen N. . . ., welche
durch deſſen wahre Freundſchaft fuͤr Reiſern im¬
mer vermehrt wurde, ſo daß ſie ſich immer
mehr, auch in ihren Thorheiten, einander naͤ¬
herten, und von ihrer Melancholie und Em¬
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