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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

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macht hatte. Nun fand Reiser eine sonderbare
Art von Stolz darin, da er doch von allen
diesen nachgeahmt war, daß er zuerst den Muth
gehabt hatte, einen solchen Schritt zu thun.

Dann schrieb ihm Reiser in seinem über¬
spannten Stiele, daß der Dichter Hölty in
Hannover gestorben sey, und schloß am Ende
mit den Worten: freue dich Dichter! weine
Mensch! -- Von dem Fortgange seines Liebes¬
romans enthielt dieser Brief nur wenig.

Während daß nun Reiser mit den Rollen
in der zweiten Komödie beschäftigt war, fand
er einen neuen Freund in Erfurt, einen Stu¬
denten Nahmens N. . . aus Hamburg gebür¬
tig, der bei dem Doktor Froriep im Hause
wohnte, welcher ihm eine Abschrift von Reisers
Gedichte, das Karthäuserkloster gezeigt,
und dadurch dem Verfasser auf einmal einen
neuen Freund verschaft hatte.

Dies wurde nun eine Freundschaft gerade
von der empfindsamen Art, wogegen Reiser
eine Abhandlung zu schreiben im Begriff war.

Der junge N. . . hatte wirklich ein gefühl¬
volles Herz, er ließ sich aber auch durch den

macht hatte. Nun fand Reiſer eine ſonderbare
Art von Stolz darin, da er doch von allen
dieſen nachgeahmt war, daß er zuerſt den Muth
gehabt hatte, einen ſolchen Schritt zu thun.

Dann ſchrieb ihm Reiſer in ſeinem uͤber¬
ſpannten Stiele, daß der Dichter Hoͤlty in
Hannover geſtorben ſey, und ſchloß am Ende
mit den Worten: freue dich Dichter! weine
Menſch! — Von dem Fortgange ſeines Liebes¬
romans enthielt dieſer Brief nur wenig.

Waͤhrend daß nun Reiſer mit den Rollen
in der zweiten Komoͤdie beſchaͤftigt war, fand
er einen neuen Freund in Erfurt, einen Stu¬
denten Nahmens N. . . aus Hamburg gebuͤr¬
tig, der bei dem Doktor Froriep im Hauſe
wohnte, welcher ihm eine Abſchrift von Reiſers
Gedichte, das Karthaͤuſerkloſter gezeigt,
und dadurch dem Verfaſſer auf einmal einen
neuen Freund verſchaft hatte.

Dies wurde nun eine Freundſchaft gerade
von der empfindſamen Art, wogegen Reiſer
eine Abhandlung zu ſchreiben im Begriff war.

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volles Herz, er ließ ſich aber auch durch den

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[146/0160] macht hatte. Nun fand Reiſer eine ſonderbare Art von Stolz darin, da er doch von allen dieſen nachgeahmt war, daß er zuerſt den Muth gehabt hatte, einen ſolchen Schritt zu thun. Dann ſchrieb ihm Reiſer in ſeinem uͤber¬ ſpannten Stiele, daß der Dichter Hoͤlty in Hannover geſtorben ſey, und ſchloß am Ende mit den Worten: freue dich Dichter! weine Menſch! — Von dem Fortgange ſeines Liebes¬ romans enthielt dieſer Brief nur wenig. Waͤhrend daß nun Reiſer mit den Rollen in der zweiten Komoͤdie beſchaͤftigt war, fand er einen neuen Freund in Erfurt, einen Stu¬ denten Nahmens N. . . aus Hamburg gebuͤr¬ tig, der bei dem Doktor Froriep im Hauſe wohnte, welcher ihm eine Abſchrift von Reiſers Gedichte, das Karthaͤuſerkloſter gezeigt, und dadurch dem Verfaſſer auf einmal einen neuen Freund verſchaft hatte. Dies wurde nun eine Freundſchaft gerade von der empfindſamen Art, wogegen Reiſer eine Abhandlung zu ſchreiben im Begriff war. Der junge N. . . hatte wirklich ein gefuͤhl¬ volles Herz, er ließ ſich aber auch durch den

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/160>, abgerufen am 27.04.2024.