ter hier durchgekommen, der sich lange mit ihm unterhalten, er habe sich den Tag im Kalender bemerkt, und zweifele fast nicht, daß es der Doktor Barth gewesen sey.
Nun erzählte dieser Prediger Reisern seine Geschichte, wie er sich erst lange als Hofmeister herumgetrieben, und hier nun endlich in dieser alten Pfarre eine Ruhestätte gefunden habe, wo er dem, was in der Welt vorginge, nur so ganz von ferne zusähe.
Reiser erzählte nun dem Prediger auch seine eigene imaginirte unglückliche Geschichte, wobei ihm der Prediger in einem Caffeeschälchen einige Erfrischungen von eingemachtem Obst vorsetzte; und ihm dabei Muth zusprach, daß er sein Ver¬ brechen vielleicht noch wieder gut machen könne; dabei sah er auf die weisse Scheide von dem De¬ gen, welchen Reiser trug, und fragte ihn, ob eine solche Degenscheide denn wirklich das Zei¬ chen der Freimäurer, und ob Reiser nicht in die¬ sem Orden sey? -- Jemehr dieser es verneinte, desto fester glaubte der Prediger, demohngeach¬ tet einen Freimaurer vor sich zu sehen, der sich ihm nur in diesem Punkt nicht entdecken wollte.
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ter hier durchgekommen, der ſich lange mit ihm unterhalten, er habe ſich den Tag im Kalender bemerkt, und zweifele faſt nicht, daß es der Doktor Barth geweſen ſey.
Nun erzaͤhlte dieſer Prediger Reiſern ſeine Geſchichte, wie er ſich erſt lange als Hofmeiſter herumgetrieben, und hier nun endlich in dieſer alten Pfarre eine Ruheſtaͤtte gefunden habe, wo er dem, was in der Welt vorginge, nur ſo ganz von ferne zuſaͤhe.
Reiſer erzaͤhlte nun dem Prediger auch ſeine eigene imaginirte ungluͤckliche Geſchichte, wobei ihm der Prediger in einem Caffeeſchaͤlchen einige Erfriſchungen von eingemachtem Obſt vorſetzte; und ihm dabei Muth zuſprach, daß er ſein Ver¬ brechen vielleicht noch wieder gut machen koͤnne; dabei ſah er auf die weiſſe Scheide von dem De¬ gen, welchen Reiſer trug, und fragte ihn, ob eine ſolche Degenſcheide denn wirklich das Zei¬ chen der Freimaͤurer, und ob Reiſer nicht in die¬ ſem Orden ſey? — Jemehr dieſer es verneinte, deſto feſter glaubte der Prediger, demohngeach¬ tet einen Freimaurer vor ſich zu ſehen, der ſich ihm nur in dieſem Punkt nicht entdecken wollte.
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ter hier durchgekommen, der ſich lange mit ihm
unterhalten, er habe ſich den Tag im Kalender
bemerkt, und zweifele faſt nicht, daß es der
Doktor Barth geweſen ſey.
Nun erzaͤhlte dieſer Prediger Reiſern ſeine
Geſchichte, wie er ſich erſt lange als Hofmeiſter
herumgetrieben, und hier nun endlich in dieſer
alten Pfarre eine Ruheſtaͤtte gefunden habe,
wo er dem, was in der Welt vorginge, nur ſo
ganz von ferne zuſaͤhe.
Reiſer erzaͤhlte nun dem Prediger auch ſeine
eigene imaginirte ungluͤckliche Geſchichte, wobei
ihm der Prediger in einem Caffeeſchaͤlchen einige
Erfriſchungen von eingemachtem Obſt vorſetzte;
und ihm dabei Muth zuſprach, daß er ſein Ver¬
brechen vielleicht noch wieder gut machen koͤnne;
dabei ſah er auf die weiſſe Scheide von dem De¬
gen, welchen Reiſer trug, und fragte ihn, ob
eine ſolche Degenſcheide denn wirklich das Zei¬
chen der Freimaͤurer, und ob Reiſer nicht in die¬
ſem Orden ſey? — Jemehr dieſer es verneinte,
deſto feſter glaubte der Prediger, demohngeach¬
tet einen Freimaurer vor ſich zu ſehen, der ſich
ihm nur in dieſem Punkt nicht entdecken wollte.
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/101>, abgerufen am 30.07.2024.
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