Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Ach, ihre Larve fällt ab -- und Teufel
sinds -- und zur Hölle wird mir nun die
Wüste --

Ich fliehe, und ihr Hohngelächter heulet
mir nach -- --

"So habt ihr mich betrogen, menschliche
"Larven? -- Ha, keine Larve soll mich wieder
"betrügen! -- Nun sey mir willkommen Nacht,
"und du Einsamkeit, und du, schwärzeste Me¬
"lancholei. -- Alle ihr lachenden Scherze, und
"alle ihr tobenden Freuden, Larven des Todes,
"seyd auf ewig von mir verbannt!" --

So ging ich, und dachte, und finsterer Gram
erfüllte meine Seele --

Als plötzlich ein Jüngling vor mir stand --
den Freund verkündigte sein Blick -- Empfin¬
dung sprach sein sanftes Auge -- schleunig wollt'
ich entfliehn -- aber er faßte so vertraulich
meine Hand -- und ich blieb stehn -- er um¬
armte mich, ich ihn -- unsre Seelen flossen
zusammen --

Und um uns ward's Elysium. --


Ach, ihre Larve faͤllt ab — und Teufel
ſinds — und zur Hoͤlle wird mir nun die
Wuͤſte —

Ich fliehe, und ihr Hohngelaͤchter heulet
mir nach — —

„So habt ihr mich betrogen, menſchliche
„Larven? — Ha, keine Larve ſoll mich wieder
„betruͤgen! — Nun ſey mir willkommen Nacht,
„und du Einſamkeit, und du, ſchwaͤrzeſte Me¬
„lancholei. — Alle ihr lachenden Scherze, und
„alle ihr tobenden Freuden, Larven des Todes,
„ſeyd auf ewig von mir verbannt!“ —

So ging ich, und dachte, und finſterer Gram
erfuͤllte meine Seele —

Als ploͤtzlich ein Juͤngling vor mir ſtand —
den Freund verkuͤndigte ſein Blick — Empfin¬
dung ſprach ſein ſanftes Auge — ſchleunig wollt'
ich entfliehn — aber er faßte ſo vertraulich
meine Hand — und ich blieb ſtehn — er um¬
armte mich, ich ihn — unſre Seelen floſſen
zuſammen —

Und um uns ward's Elyſium. —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0070" n="60"/>
      <p>Ach, ihre Larve fa&#x0364;llt ab &#x2014; und Teufel<lb/>
&#x017F;inds &#x2014; und zur Ho&#x0364;lle wird mir nun die<lb/>
Wu&#x0364;&#x017F;te &#x2014;</p><lb/>
      <p>Ich fliehe, und ihr Hohngela&#x0364;chter heulet<lb/>
mir nach &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
      <p>&#x201E;So habt ihr mich betrogen, men&#x017F;chliche<lb/>
&#x201E;Larven? &#x2014; Ha, keine Larve &#x017F;oll mich wieder<lb/>
&#x201E;betru&#x0364;gen! &#x2014; Nun &#x017F;ey mir willkommen Nacht,<lb/>
&#x201E;und du Ein&#x017F;amkeit, und du, &#x017F;chwa&#x0364;rze&#x017F;te Me¬<lb/>
&#x201E;lancholei. &#x2014; Alle ihr lachenden Scherze, und<lb/>
&#x201E;alle ihr tobenden Freuden, Larven des Todes,<lb/>
&#x201E;&#x017F;eyd auf ewig von mir verbannt!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
      <p>So ging ich, und dachte, und fin&#x017F;terer Gram<lb/>
erfu&#x0364;llte meine Seele &#x2014;</p><lb/>
      <p>Als plo&#x0364;tzlich ein Ju&#x0364;ngling vor mir &#x017F;tand &#x2014;<lb/>
den Freund verku&#x0364;ndigte &#x017F;ein Blick &#x2014; Empfin¬<lb/>
dung &#x017F;prach &#x017F;ein &#x017F;anftes Auge &#x2014; &#x017F;chleunig wollt'<lb/>
ich entfliehn &#x2014; aber er faßte &#x017F;o vertraulich<lb/>
meine Hand &#x2014; und ich blieb &#x017F;tehn &#x2014; er um¬<lb/>
armte mich, ich ihn &#x2014; un&#x017F;re Seelen flo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
zu&#x017F;ammen &#x2014;</p><lb/>
      <p>Und um uns ward's Ely&#x017F;ium. &#x2014;</p><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0070] Ach, ihre Larve faͤllt ab — und Teufel ſinds — und zur Hoͤlle wird mir nun die Wuͤſte — Ich fliehe, und ihr Hohngelaͤchter heulet mir nach — — „So habt ihr mich betrogen, menſchliche „Larven? — Ha, keine Larve ſoll mich wieder „betruͤgen! — Nun ſey mir willkommen Nacht, „und du Einſamkeit, und du, ſchwaͤrzeſte Me¬ „lancholei. — Alle ihr lachenden Scherze, und „alle ihr tobenden Freuden, Larven des Todes, „ſeyd auf ewig von mir verbannt!“ — So ging ich, und dachte, und finſterer Gram erfuͤllte meine Seele — Als ploͤtzlich ein Juͤngling vor mir ſtand — den Freund verkuͤndigte ſein Blick — Empfin¬ dung ſprach ſein ſanftes Auge — ſchleunig wollt' ich entfliehn — aber er faßte ſo vertraulich meine Hand — und ich blieb ſtehn — er um¬ armte mich, ich ihn — unſre Seelen floſſen zuſammen — Und um uns ward's Elyſium. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/70
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/70>, abgerufen am 21.11.2024.