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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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Es war eine naßkalte Luft und regnete und
schneiete durch einander -- seine ganze Kleidung
war durchnetzt -- plötzlich entstand in ihm das
Gefühl, daß er sich selbst nicht entfliehen
konnte
. --

Und mit diesem Gedanken war es, als ob ein
Berg auf ihm lag -- er strebte sich mit Gewalt
darunter empor zu arbeiten, aber es war, als ob
die Last seines Daseyns ihn darnieder drückte --

Daß er einen Tag wie alle Tage mit sich
aufstehen, mit sich schlafen gehen
-- bei je¬
dem Schritte sein verhaßtes Selbst mit sich fort¬
schleppen mußte. --

Sein Selbstbewußtseyn mit dem Gefühl
von Verächtlichkeit und Weggeworfenheit
wurde ihm eben so lästig, wie sein Körper mit
dem Gefühl von Nässe und Kälte; und er hätte
diesen in dem Augenblick eben so willig und gerne
wie seine durchnetzten Kleider abgelegt -- hätte
ihm damals ein gewünschter Tod aus irgend ei¬
nem Winkel entgegen gelächelt. --

Daß er nun unabänderlich er selbst seyn
mußte, und kein anderer seyn konnte; daß er
in sich selbst eingeengt, und eingebannt war --

Es war eine naßkalte Luft und regnete und
ſchneiete durch einander — ſeine ganze Kleidung
war durchnetzt — ploͤtzlich entſtand in ihm das
Gefuͤhl, daß er ſich ſelbſt nicht entfliehen
konnte
. —

Und mit dieſem Gedanken war es, als ob ein
Berg auf ihm lag — er ſtrebte ſich mit Gewalt
darunter empor zu arbeiten, aber es war, als ob
die Laſt ſeines Daſeyns ihn darnieder druͤckte —

Daß er einen Tag wie alle Tage mit ſich
aufſtehen, mit ſich ſchlafen gehen
— bei je¬
dem Schritte ſein verhaßtes Selbſt mit ſich fort¬
ſchleppen mußte. —

Sein Selbſtbewußtſeyn mit dem Gefuͤhl
von Veraͤchtlichkeit und Weggeworfenheit
wurde ihm eben ſo laͤſtig, wie ſein Koͤrper mit
dem Gefuͤhl von Naͤſſe und Kaͤlte; und er haͤtte
dieſen in dem Augenblick eben ſo willig und gerne
wie ſeine durchnetzten Kleider abgelegt — haͤtte
ihm damals ein gewuͤnſchter Tod aus irgend ei¬
nem Winkel entgegen gelaͤchelt. —

Daß er nun unabaͤnderlich er ſelbſt ſeyn
mußte, und kein anderer ſeyn konnte; daß er
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[45/0055] Es war eine naßkalte Luft und regnete und ſchneiete durch einander — ſeine ganze Kleidung war durchnetzt — ploͤtzlich entſtand in ihm das Gefuͤhl, daß er ſich ſelbſt nicht entfliehen konnte. — Und mit dieſem Gedanken war es, als ob ein Berg auf ihm lag — er ſtrebte ſich mit Gewalt darunter empor zu arbeiten, aber es war, als ob die Laſt ſeines Daſeyns ihn darnieder druͤckte — Daß er einen Tag wie alle Tage mit ſich aufſtehen, mit ſich ſchlafen gehen — bei je¬ dem Schritte ſein verhaßtes Selbſt mit ſich fort¬ ſchleppen mußte. — Sein Selbſtbewußtſeyn mit dem Gefuͤhl von Veraͤchtlichkeit und Weggeworfenheit wurde ihm eben ſo laͤſtig, wie ſein Koͤrper mit dem Gefuͤhl von Naͤſſe und Kaͤlte; und er haͤtte dieſen in dem Augenblick eben ſo willig und gerne wie ſeine durchnetzten Kleider abgelegt — haͤtte ihm damals ein gewuͤnſchter Tod aus irgend ei¬ nem Winkel entgegen gelaͤchelt. — Daß er nun unabaͤnderlich er ſelbſt ſeyn mußte, und kein anderer ſeyn konnte; daß er in ſich ſelbſt eingeengt, und eingebannt war —

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/55>, abgerufen am 21.11.2024.