Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

hemmte, und wie eine bretterne Wand, oder
eine undurchdringliche Decke auf einmal seine
weitere Aussicht schloß -- es war ihm dann, als
habe er nichts gedacht -- als Worte --

Er stieß hier an die undurchdringliche
Scheidewand
, welche das menschliche Den¬
ken von dem Denken höherer Wesen ver¬
schieden macht
, an das nothwendige Be¬
dürfniß der Sprache
, ohne welche die
menschliche Denkkraft keinen eignen
Schwung nehmen kann
-- und welche
gleichsam nur ein künstlicher Behelf ist, wodurch
etwas dem eigentlichen reinen Denken, wozu wir
dereinst vielleicht gelangen werden, ähnliches,
hervorgebracht wird. --

Die Sprache schien ihm beim Denken im
Wege zu stehen, und doch konnte er wieder ohne
Sprache nicht denken. --

Manchmal quälte er sich Stunden lang, zu
versuchen, ob es möglich sey, ohne Worte
zu denken
-- Und dann stieß ihm der Begriff
vom Daseyn als die Grenze alles menschlichen
Denkens auf -- da wurde ihm alles dunkel und
öde -- da blickte er zuweilen auf die kurze Dauer

hemmte, und wie eine bretterne Wand, oder
eine undurchdringliche Decke auf einmal ſeine
weitere Ausſicht ſchloß — es war ihm dann, als
habe er nichts gedacht — als Worte

Er ſtieß hier an die undurchdringliche
Scheidewand
, welche das menſchliche Den¬
ken von dem Denken hoͤherer Weſen ver¬
ſchieden macht
, an das nothwendige Be¬
duͤrfniß der Sprache
, ohne welche die
menſchliche Denkkraft keinen eignen
Schwung nehmen kann
— und welche
gleichſam nur ein kuͤnſtlicher Behelf iſt, wodurch
etwas dem eigentlichen reinen Denken, wozu wir
dereinſt vielleicht gelangen werden, aͤhnliches,
hervorgebracht wird. —

Die Sprache ſchien ihm beim Denken im
Wege zu ſtehen, und doch konnte er wieder ohne
Sprache nicht denken. —

Manchmal quaͤlte er ſich Stunden lang, zu
verſuchen, ob es moͤglich ſey, ohne Worte
zu denken
— Und dann ſtieß ihm der Begriff
vom Daſeyn als die Grenze alles menſchlichen
Denkens auf — da wurde ihm alles dunkel und
oͤde — da blickte er zuweilen auf die kurze Dauer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0038" n="28"/><hi rendition="#fr">hemmte</hi>, und wie eine bretterne Wand, oder<lb/>
eine undurchdringliche Decke auf einmal &#x017F;eine<lb/>
weitere Aus&#x017F;icht &#x017F;chloß &#x2014; es war ihm dann, als<lb/>
habe er nichts gedacht &#x2014; <hi rendition="#fr">als Worte</hi> &#x2014;</p><lb/>
      <p><hi rendition="#fr">Er &#x017F;tieß hier an die undurchdringliche<lb/>
Scheidewand</hi>, <hi rendition="#fr">welche das men&#x017F;chliche Den¬<lb/>
ken von dem Denken ho&#x0364;herer We&#x017F;en ver¬<lb/>
&#x017F;chieden macht</hi>, <hi rendition="#fr">an das nothwendige Be¬<lb/>
du&#x0364;rfniß der Sprache</hi>, <hi rendition="#fr">ohne welche die<lb/>
men&#x017F;chliche Denkkraft keinen eignen<lb/>
Schwung nehmen kann</hi> &#x2014; und welche<lb/>
gleich&#x017F;am nur ein ku&#x0364;n&#x017F;tlicher Behelf i&#x017F;t, wodurch<lb/>
etwas dem eigentlichen reinen Denken, wozu wir<lb/>
derein&#x017F;t vielleicht gelangen werden, a&#x0364;hnliches,<lb/>
hervorgebracht wird. &#x2014;</p><lb/>
      <p>Die Sprache &#x017F;chien ihm beim Denken im<lb/>
Wege zu &#x017F;tehen, und doch konnte er wieder ohne<lb/>
Sprache nicht denken. &#x2014;</p><lb/>
      <p>Manchmal qua&#x0364;lte er &#x017F;ich Stunden lang, zu<lb/>
ver&#x017F;uchen, <hi rendition="#fr">ob es mo&#x0364;glich &#x017F;ey</hi>, <hi rendition="#fr">ohne Worte<lb/>
zu denken</hi> &#x2014; Und dann &#x017F;tieß ihm der Begriff<lb/>
vom <hi rendition="#fr">Da&#x017F;eyn</hi> als die Grenze alles men&#x017F;chlichen<lb/>
Denkens auf &#x2014; da wurde ihm alles dunkel und<lb/>
o&#x0364;de &#x2014; da blickte er zuweilen auf die kurze Dauer<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0038] hemmte, und wie eine bretterne Wand, oder eine undurchdringliche Decke auf einmal ſeine weitere Ausſicht ſchloß — es war ihm dann, als habe er nichts gedacht — als Worte — Er ſtieß hier an die undurchdringliche Scheidewand, welche das menſchliche Den¬ ken von dem Denken hoͤherer Weſen ver¬ ſchieden macht, an das nothwendige Be¬ duͤrfniß der Sprache, ohne welche die menſchliche Denkkraft keinen eignen Schwung nehmen kann — und welche gleichſam nur ein kuͤnſtlicher Behelf iſt, wodurch etwas dem eigentlichen reinen Denken, wozu wir dereinſt vielleicht gelangen werden, aͤhnliches, hervorgebracht wird. — Die Sprache ſchien ihm beim Denken im Wege zu ſtehen, und doch konnte er wieder ohne Sprache nicht denken. — Manchmal quaͤlte er ſich Stunden lang, zu verſuchen, ob es moͤglich ſey, ohne Worte zu denken — Und dann ſtieß ihm der Begriff vom Daſeyn als die Grenze alles menſchlichen Denkens auf — da wurde ihm alles dunkel und oͤde — da blickte er zuweilen auf die kurze Dauer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/38
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/38>, abgerufen am 21.11.2024.