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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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Was hierbei seinen Eifer nie erlöschen ließ,
war, wie schon gesagt, das beständige vor
Augen halten des Hauptinhalts
-- und das
immerwährende Unterordnen und Klassifiziren
der Materien in seinem Kopfe sowohl als auf dem
Papiere. --

Er brachte also diesen Sommer, ohngeachtet
seine äußern Verhältnisse sich eben nicht sehr ver¬
bessert hatten, doch ziemlich vergnügt zu. --

Wenigstens mußte er die einsamen Stunden,
welche er auf dem Boden zubrachte, immer unter
die glücklichsten seines Lebens zählen. -- Auch
war er überhaupt von nun an, minder unglück¬
lich, weil seine Denkkraft angefangen hatte, sich
zu einwickeln. --

Wo er ging und stund, da meditirte er jetzt,
statt daß er vorher bloß phantasirt hatte --
und seine Gedanken beschäftigten sich mit den er¬
habensten Gegenständen des Denkens -- mit den
Vorstellungen von Raum und Zeit, von der höch¬
sten vorstellenden Kraft, u. s. w. --

Allein schon damals war es ihm oft, wenn
er sich eine Weile im Nachdenken verlohren hatte,
als ob er plötzlich an etwas stieße, das ihn

Was hierbei ſeinen Eifer nie erloͤſchen ließ,
war, wie ſchon geſagt, das beſtaͤndige vor
Augen halten des Hauptinhalts
— und das
immerwaͤhrende Unterordnen und Klaſſifiziren
der Materien in ſeinem Kopfe ſowohl als auf dem
Papiere. —

Er brachte alſo dieſen Sommer, ohngeachtet
ſeine aͤußern Verhaͤltniſſe ſich eben nicht ſehr ver¬
beſſert hatten, doch ziemlich vergnuͤgt zu. —

Wenigſtens mußte er die einſamen Stunden,
welche er auf dem Boden zubrachte, immer unter
die gluͤcklichſten ſeines Lebens zaͤhlen. — Auch
war er uͤberhaupt von nun an, minder ungluͤck¬
lich, weil ſeine Denkkraft angefangen hatte, ſich
zu einwickeln. —

Wo er ging und ſtund, da meditirte er jetzt,
ſtatt daß er vorher bloß phantaſirt hatte —
und ſeine Gedanken beſchaͤftigten ſich mit den er¬
habenſten Gegenſtaͤnden des Denkens — mit den
Vorſtellungen von Raum und Zeit, von der hoͤch¬
ſten vorſtellenden Kraft, u. ſ. w. —

Allein ſchon damals war es ihm oft, wenn
er ſich eine Weile im Nachdenken verlohren hatte,
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[27/0037] Was hierbei ſeinen Eifer nie erloͤſchen ließ, war, wie ſchon geſagt, das beſtaͤndige vor Augen halten des Hauptinhalts — und das immerwaͤhrende Unterordnen und Klaſſifiziren der Materien in ſeinem Kopfe ſowohl als auf dem Papiere. — Er brachte alſo dieſen Sommer, ohngeachtet ſeine aͤußern Verhaͤltniſſe ſich eben nicht ſehr ver¬ beſſert hatten, doch ziemlich vergnuͤgt zu. — Wenigſtens mußte er die einſamen Stunden, welche er auf dem Boden zubrachte, immer unter die gluͤcklichſten ſeines Lebens zaͤhlen. — Auch war er uͤberhaupt von nun an, minder ungluͤck¬ lich, weil ſeine Denkkraft angefangen hatte, ſich zu einwickeln. — Wo er ging und ſtund, da meditirte er jetzt, ſtatt daß er vorher bloß phantaſirt hatte — und ſeine Gedanken beſchaͤftigten ſich mit den er¬ habenſten Gegenſtaͤnden des Denkens — mit den Vorſtellungen von Raum und Zeit, von der hoͤch¬ ſten vorſtellenden Kraft, u. ſ. w. — Allein ſchon damals war es ihm oft, wenn er ſich eine Weile im Nachdenken verlohren hatte, als ob er ploͤtzlich an etwas ſtieße, das ihn

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/37>, abgerufen am 29.03.2024.