Fackeln, die Menge der Zuschauer, das Getüm¬ mel, und seine Mitschüler als die Hauptpersonen dieses prachtvollen Schauspiels -- und sich nun ausgeschlossen, einsam und von aller Welt ver¬ lassen -- diß versetzte ihn in eine Wehmuth, die derjenigen völlig ähnlich war, da seine Eltern ihn oben auf der Stube allein gelassen hatten, während daß sie unten bei dem Wirth bei einer Gasterei waren, von welcher das frohe Gelächter und Klingen mit den Gläsern zu ihm hinauf erschallte, und er sich da auch so einsam und von aller Welt verlassen fühlte, und sich aus den Liedern der Madame Guion trö¬ stete. --
Dergleichen Vorfälle drängten ihn dann im¬ mer wieder aus der Welt in die Einsamkeit -- er war nicht vergnügter, als wenn er allein bei seinem Klavier sitzen, und für sich lesen und ar¬ beiten konnte -- und wünschte nichts sehnli¬ cher, als daß es bald Sommer seyn mögte, um auf dem Boden, wo sein Bette stand, den gan¬ zen Tag allein zubringen zu können.
Und da nun dieser sehnlich gewünschte Som¬ mer kam, so genoß er nun auch zu allererst die
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Fackeln, die Menge der Zuſchauer, das Getuͤm¬ mel, und ſeine Mitſchuͤler als die Hauptperſonen dieſes prachtvollen Schauſpiels — und ſich nun ausgeſchloſſen, einſam und von aller Welt ver¬ laſſen — diß verſetzte ihn in eine Wehmuth, die derjenigen voͤllig aͤhnlich war, da ſeine Eltern ihn oben auf der Stube allein gelaſſen hatten, waͤhrend daß ſie unten bei dem Wirth bei einer Gaſterei waren, von welcher das frohe Gelaͤchter und Klingen mit den Glaͤſern zu ihm hinauf erſchallte, und er ſich da auch ſo einſam und von aller Welt verlaſſen fuͤhlte, und ſich aus den Liedern der Madame Guion troͤ¬ ſtete. —
Dergleichen Vorfaͤlle draͤngten ihn dann im¬ mer wieder aus der Welt in die Einſamkeit — er war nicht vergnuͤgter, als wenn er allein bei ſeinem Klavier ſitzen, und fuͤr ſich leſen und ar¬ beiten konnte — und wuͤnſchte nichts ſehnli¬ cher, als daß es bald Sommer ſeyn moͤgte, um auf dem Boden, wo ſein Bette ſtand, den gan¬ zen Tag allein zubringen zu koͤnnen.
Und da nun dieſer ſehnlich gewuͤnſchte Som¬ mer kam, ſo genoß er nun auch zu allererſt die
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Fackeln, die Menge der Zuſchauer, das Getuͤm¬
mel, und ſeine Mitſchuͤler als die Hauptperſonen
dieſes prachtvollen Schauſpiels — und ſich nun
ausgeſchloſſen, einſam und von aller Welt ver¬
laſſen — diß verſetzte ihn in eine Wehmuth,
die derjenigen voͤllig aͤhnlich war, da ſeine
Eltern ihn oben auf der Stube allein gelaſſen
hatten, waͤhrend daß ſie unten bei dem Wirth
bei einer Gaſterei waren, von welcher das frohe
Gelaͤchter und Klingen mit den Glaͤſern zu ihm
hinauf erſchallte, und er ſich da auch ſo einſam
und von aller Welt verlaſſen fuͤhlte, und ſich
aus den Liedern der Madame Guion troͤ¬
ſtete. —
Dergleichen Vorfaͤlle draͤngten ihn dann im¬
mer wieder aus der Welt in die Einſamkeit —
er war nicht vergnuͤgter, als wenn er allein bei
ſeinem Klavier ſitzen, und fuͤr ſich leſen und ar¬
beiten konnte — und wuͤnſchte nichts ſehnli¬
cher, als daß es bald Sommer ſeyn moͤgte, um
auf dem Boden, wo ſein Bette ſtand, den gan¬
zen Tag allein zubringen zu koͤnnen.
Und da nun dieſer ſehnlich gewuͤnſchte Som¬
mer kam, ſo genoß er nun auch zu allererſt die
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/33>, abgerufen am 22.07.2024.
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