Dieß wurde ihm denn zuletzt eine dichterische Idee -- es wurde Bild, Vergleichung, woran er tausend Dinge kettete. -- "Wie sich ein Wan¬ drer an seinen Weg hält; so getreu, wie der Weg dem Wandrer -- so -- und so --" Dieß Ideen¬ spiel verfolgte er im Gehen -- und das Einför¬ mige der Gegend bei der umgebenden Dunkel¬ heit, und des immerwährenden Fußaufhebens, verschwand ihm unmerklich, und machte ihn nicht verdrießlich. --
Es war schon ganz dunkel, da er zu seinen Eltern kam, die sich freilich wunderten, daß er dicht vor ihnen vorbeigegangen, erst nach Bre¬ men gereißt, und dann zu ihnen gekommen war. -- Demohngeachtet aber nahmen ihn seine El¬ tern, wegen der vielen angenehmen Nachrichten, die sie von ihm erhalten hatten, dießmal mit Freuden auf. --
Und Reiser hatte nun so viel Stoff zu my¬ stischen Unterredungen mit seinem Vater ge¬ sammlet, daß sie dißmal sich oft bis in die Nacht unterhielten. -- Reiser suchte nehmlich alle die mystischen Ideen seines Vaters, die er aus den Schriften der Mad. Guion geschöpft hatte, von
Dieß wurde ihm denn zuletzt eine dichteriſche Idee — es wurde Bild, Vergleichung, woran er tauſend Dinge kettete. — „Wie ſich ein Wan¬ drer an ſeinen Weg haͤlt; ſo getreu, wie der Weg dem Wandrer — ſo — und ſo —“ Dieß Ideen¬ ſpiel verfolgte er im Gehen — und das Einfoͤr¬ mige der Gegend bei der umgebenden Dunkel¬ heit, und des immerwaͤhrenden Fußaufhebens, verſchwand ihm unmerklich, und machte ihn nicht verdrießlich. —
Es war ſchon ganz dunkel, da er zu ſeinen Eltern kam, die ſich freilich wunderten, daß er dicht vor ihnen vorbeigegangen, erſt nach Bre¬ men gereißt, und dann zu ihnen gekommen war. — Demohngeachtet aber nahmen ihn ſeine El¬ tern, wegen der vielen angenehmen Nachrichten, die ſie von ihm erhalten hatten, dießmal mit Freuden auf. —
Und Reiſer hatte nun ſo viel Stoff zu my¬ ſtiſchen Unterredungen mit ſeinem Vater ge¬ ſammlet, daß ſie dißmal ſich oft bis in die Nacht unterhielten. — Reiſer ſuchte nehmlich alle die myſtiſchen Ideen ſeines Vaters, die er aus den Schriften der Mad. Guion geſchoͤpft hatte, von
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Dieß wurde ihm denn zuletzt eine dichteriſche
Idee — es wurde Bild, Vergleichung, woran
er tauſend Dinge kettete. — „Wie ſich ein Wan¬
drer an ſeinen Weg haͤlt; ſo getreu, wie der Weg
dem Wandrer — ſo — und ſo —“ Dieß Ideen¬
ſpiel verfolgte er im Gehen — und das Einfoͤr¬
mige der Gegend bei der umgebenden Dunkel¬
heit, und des immerwaͤhrenden Fußaufhebens,
verſchwand ihm unmerklich, und machte ihn nicht
verdrießlich. —
Es war ſchon ganz dunkel, da er zu ſeinen
Eltern kam, die ſich freilich wunderten, daß er
dicht vor ihnen vorbeigegangen, erſt nach Bre¬
men gereißt, und dann zu ihnen gekommen war.
— Demohngeachtet aber nahmen ihn ſeine El¬
tern, wegen der vielen angenehmen Nachrichten,
die ſie von ihm erhalten hatten, dießmal mit
Freuden auf. —
Und Reiſer hatte nun ſo viel Stoff zu my¬
ſtiſchen Unterredungen mit ſeinem Vater ge¬
ſammlet, daß ſie dißmal ſich oft bis in die Nacht
unterhielten. — Reiſer ſuchte nehmlich alle die
myſtiſchen Ideen ſeines Vaters, die er aus den
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/185>, abgerufen am 16.02.2025.
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