Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Wege nach Bremen zu lag, und da es nur noch
eine Viertelmeile weit war, so ging er bis dahin,
und übernachtete in diesem Dorfe. --

Den andern Tag wanderte er denn über die
öde dürre Heide fort, und erfragte sich den Weg
von einem Dorfe zum andern -- konnte aber
Bremen nicht erreichen -- sondern mußte noch
einmal in einem Dorfe, welches das letzte von
Bremen war, übernachten -- und den dritten
Tag erreichte er denn seinen sehnlichsten Wunsch
-- er erblickte die Thürme von Bremen -- sahe
nun das wirklich vor sich, womit seine Phantasie
sich schon so lange beschäftigt hatte. -- Er hatte
außer H. . . und B. . . noch keine beträchtliche
Stadt gesehen -- und Bremen war ihm schon
durch den Klang des Nahmens so merkwürdig
geworden -- seine Phantasie hatte der Stadt
ein graues schwärzliches Ansehen gegeben -- er
war nun äußerst begierig, die Stadt inwendig
zu betrachten -- und wagte es ohne Paß ins
Thor zu gehen, indem er sich auf Befragen, wer
er wäre, für einen Einwohner der Stadt, und
da man noch genauer fragte, für einen von
den Leuten des Prinzipals von dem Kaufmanns¬

3r Theil. L

Wege nach Bremen zu lag, und da es nur noch
eine Viertelmeile weit war, ſo ging er bis dahin,
und uͤbernachtete in dieſem Dorfe. —

Den andern Tag wanderte er denn uͤber die
oͤde duͤrre Heide fort, und erfragte ſich den Weg
von einem Dorfe zum andern — konnte aber
Bremen nicht erreichen — ſondern mußte noch
einmal in einem Dorfe, welches das letzte von
Bremen war, uͤbernachten — und den dritten
Tag erreichte er denn ſeinen ſehnlichſten Wunſch
— er erblickte die Thuͤrme von Bremen — ſahe
nun das wirklich vor ſich, womit ſeine Phantaſie
ſich ſchon ſo lange beſchaͤftigt hatte. — Er hatte
außer H. . . und B. . . noch keine betraͤchtliche
Stadt geſehen — und Bremen war ihm ſchon
durch den Klang des Nahmens ſo merkwuͤrdig
geworden — ſeine Phantaſie hatte der Stadt
ein graues ſchwaͤrzliches Anſehen gegeben — er
war nun aͤußerſt begierig, die Stadt inwendig
zu betrachten — und wagte es ohne Paß ins
Thor zu gehen, indem er ſich auf Befragen, wer
er waͤre, fuͤr einen Einwohner der Stadt, und
da man noch genauer fragte, fuͤr einen von
den Leuten des Prinzipals von dem Kaufmanns¬

3r Theil. L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0171" n="161"/>
Wege nach Bremen zu lag, und da es nur noch<lb/>
eine Viertelmeile weit war, &#x017F;o ging er bis dahin,<lb/>
und u&#x0364;bernachtete in die&#x017F;em Dorfe. &#x2014;</p><lb/>
      <p>Den andern Tag wanderte er denn u&#x0364;ber die<lb/>
o&#x0364;de du&#x0364;rre Heide fort, und erfragte &#x017F;ich den Weg<lb/>
von einem Dorfe zum andern &#x2014; konnte aber<lb/>
Bremen nicht erreichen &#x2014; &#x017F;ondern mußte noch<lb/>
einmal in einem Dorfe, welches das letzte von<lb/>
Bremen war, u&#x0364;bernachten &#x2014; und den dritten<lb/>
Tag erreichte er denn &#x017F;einen &#x017F;ehnlich&#x017F;ten Wun&#x017F;ch<lb/>
&#x2014; er erblickte die Thu&#x0364;rme von Bremen &#x2014; &#x017F;ahe<lb/>
nun das wirklich vor &#x017F;ich, womit &#x017F;eine Phanta&#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chon &#x017F;o lange be&#x017F;cha&#x0364;ftigt hatte. &#x2014; Er hatte<lb/>
außer H. . . und B. . . noch keine betra&#x0364;chtliche<lb/>
Stadt ge&#x017F;ehen &#x2014; und Bremen war ihm &#x017F;chon<lb/>
durch den Klang des Nahmens &#x017F;o merkwu&#x0364;rdig<lb/>
geworden &#x2014; &#x017F;eine Phanta&#x017F;ie hatte der Stadt<lb/>
ein graues &#x017F;chwa&#x0364;rzliches An&#x017F;ehen gegeben &#x2014; er<lb/>
war nun a&#x0364;ußer&#x017F;t begierig, die Stadt inwendig<lb/>
zu betrachten &#x2014; und wagte es ohne Paß ins<lb/>
Thor zu gehen, indem er &#x017F;ich auf Befragen, wer<lb/>
er wa&#x0364;re, fu&#x0364;r einen Einwohner der Stadt, und<lb/>
da man noch genauer fragte, fu&#x0364;r einen von<lb/>
den Leuten des Prinzipals von dem Kaufmanns¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">3r <hi rendition="#fr">Theil</hi>. L<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0171] Wege nach Bremen zu lag, und da es nur noch eine Viertelmeile weit war, ſo ging er bis dahin, und uͤbernachtete in dieſem Dorfe. — Den andern Tag wanderte er denn uͤber die oͤde duͤrre Heide fort, und erfragte ſich den Weg von einem Dorfe zum andern — konnte aber Bremen nicht erreichen — ſondern mußte noch einmal in einem Dorfe, welches das letzte von Bremen war, uͤbernachten — und den dritten Tag erreichte er denn ſeinen ſehnlichſten Wunſch — er erblickte die Thuͤrme von Bremen — ſahe nun das wirklich vor ſich, womit ſeine Phantaſie ſich ſchon ſo lange beſchaͤftigt hatte. — Er hatte außer H. . . und B. . . noch keine betraͤchtliche Stadt geſehen — und Bremen war ihm ſchon durch den Klang des Nahmens ſo merkwuͤrdig geworden — ſeine Phantaſie hatte der Stadt ein graues ſchwaͤrzliches Anſehen gegeben — er war nun aͤußerſt begierig, die Stadt inwendig zu betrachten — und wagte es ohne Paß ins Thor zu gehen, indem er ſich auf Befragen, wer er waͤre, fuͤr einen Einwohner der Stadt, und da man noch genauer fragte, fuͤr einen von den Leuten des Prinzipals von dem Kaufmanns¬ 3r Theil. L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/171
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/171>, abgerufen am 21.11.2024.