zu nehmen -- und wurde nicht eher wieder hei¬ ter, als bis er sein schönes Kleid ausgezogen hatte, und des Abends wieder zu seinem Essig¬ brauer kam, wo W... und S... und Philipp Reiser auch schon waren, die sich seines Glücks nun wirklich freuten, und deren Theilnehmung ihm mehr werth war, als alle das Glänzende dieses Tages. --
Reiser erhielt nun noch mehr Unterrichts¬ stunden, wodurch sich seine Einnahme so ver¬ besserte, daß er sich ein beßres Logie miethen, zuweilen einige seiner Mitschüler zum Kaffee bit¬ ten, und für einen Primaner auf einen ganz an¬ sehnlichen Fuß leben konnte -- nun aber däuchte ihm das Geld, was er einnahm, gegen seine son¬ stigen Einkünfte und Bedürfnisse gehalten so viel, daß ihm die Kostbarkeit desselben, und die Nothwendigkeit des Zusammenhaltens auch nicht im mindesten einleuchtete -- er wurde auf die Weise durch seine stärkere Einnahme ärmer, als er vorher war; und eben das, was eine Wirkung seines günstigen Glücks war, wurde in der Folge wieder die Quelle seines Unglücks. --
zu nehmen — und wurde nicht eher wieder hei¬ ter, als bis er ſein ſchoͤnes Kleid ausgezogen hatte, und des Abends wieder zu ſeinem Eſſig¬ brauer kam, wo W... und S... und Philipp Reiſer auch ſchon waren, die ſich ſeines Gluͤcks nun wirklich freuten, und deren Theilnehmung ihm mehr werth war, als alle das Glaͤnzende dieſes Tages. —
Reiſer erhielt nun noch mehr Unterrichts¬ ſtunden, wodurch ſich ſeine Einnahme ſo ver¬ beſſerte, daß er ſich ein beßres Logie miethen, zuweilen einige ſeiner Mitſchuͤler zum Kaffee bit¬ ten, und fuͤr einen Primaner auf einen ganz an¬ ſehnlichen Fuß leben konnte — nun aber daͤuchte ihm das Geld, was er einnahm, gegen ſeine ſon¬ ſtigen Einkuͤnfte und Beduͤrfniſſe gehalten ſo viel, daß ihm die Koſtbarkeit deſſelben, und die Nothwendigkeit des Zuſammenhaltens auch nicht im mindeſten einleuchtete — er wurde auf die Weiſe durch ſeine ſtaͤrkere Einnahme aͤrmer, als er vorher war; und eben das, was eine Wirkung ſeines guͤnſtigen Gluͤcks war, wurde in der Folge wieder die Quelle ſeines Ungluͤcks. —
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zu nehmen — und wurde nicht eher wieder hei¬
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hatte, und des Abends wieder zu ſeinem Eſſig¬
brauer kam, wo W... und S... und Philipp
Reiſer auch ſchon waren, die ſich ſeines Gluͤcks
nun wirklich freuten, und deren Theilnehmung
ihm mehr werth war, als alle das Glaͤnzende
dieſes Tages. —
Reiſer erhielt nun noch mehr Unterrichts¬
ſtunden, wodurch ſich ſeine Einnahme ſo ver¬
beſſerte, daß er ſich ein beßres Logie miethen,
zuweilen einige ſeiner Mitſchuͤler zum Kaffee bit¬
ten, und fuͤr einen Primaner auf einen ganz an¬
ſehnlichen Fuß leben konnte — nun aber daͤuchte
ihm das Geld, was er einnahm, gegen ſeine ſon¬
ſtigen Einkuͤnfte und Beduͤrfniſſe gehalten ſo
viel, daß ihm die Koſtbarkeit deſſelben, und die
Nothwendigkeit des Zuſammenhaltens auch nicht
im mindeſten einleuchtete — er wurde auf die
Weiſe durch ſeine ſtaͤrkere Einnahme aͤrmer, als
er vorher war; und eben das, was eine Wirkung
ſeines guͤnſtigen Gluͤcks war, wurde in der Folge
wieder die Quelle ſeines Ungluͤcks. —
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/160>, abgerufen am 16.02.2025.
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