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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.

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und auswendig gelernt hatte, als die vorherge¬
hende Prüfung nach dem Buß - und Sündenspie¬
gel, und dann das Hinzutreten zum Altar mit ei¬
nem freudigen Zittern
. -- Er suchte sich auf
alle Weise in eine solche Art von freudigen Zit¬
tern zu versetzen: es wollte ihm aber nicht gelin¬
gen, und er machte sich selbst die bittersten Vor¬
würfe darüber, daß sein Herz so verhärtet war.
Endlich fing er vor Kälte an zu zittern, und dieß
beruhigte ihn einigermaßen.

Allein die himmlische Empfindung und das
selige Gefühl, das ihm nun diese Seelenspeise
gewähren sollte, alles das empfand er nicht --
er schrieb aber die Schuld davon bloß seinem eige¬
nen verstockten Herzen zu, und quälte sich selbst
über den Zustand der Gleichgültigkeit, worin er
sich fühlte.

Am meisten schmerzte es ihn, daß er nicht
recht zur Erkenntniß seines Sündenelendes kom¬
men konnte, welches doch zur Heilsordnung nö¬
thig war. Auch hatte er den Tag vorher in einer
auswendig gelernten Beichte im Beichtstuhl be¬
kennen müssen, daß er leider viel und mannigfal¬
tig gesündigt, mit Gedanken, Worten und Wer¬

und auswendig gelernt hatte, als die vorherge¬
hende Pruͤfung nach dem Buß - und Suͤndenſpie¬
gel, und dann das Hinzutreten zum Altar mit ei¬
nem freudigen Zittern
. — Er ſuchte ſich auf
alle Weiſe in eine ſolche Art von freudigen Zit¬
tern zu verſetzen: es wollte ihm aber nicht gelin¬
gen, und er machte ſich ſelbſt die bitterſten Vor¬
wuͤrfe daruͤber, daß ſein Herz ſo verhaͤrtet war.
Endlich fing er vor Kaͤlte an zu zittern, und dieß
beruhigte ihn einigermaßen.

Allein die himmliſche Empfindung und das
ſelige Gefuͤhl, das ihm nun dieſe Seelenſpeiſe
gewaͤhren ſollte, alles das empfand er nicht —
er ſchrieb aber die Schuld davon bloß ſeinem eige¬
nen verſtockten Herzen zu, und quaͤlte ſich ſelbſt
uͤber den Zuſtand der Gleichguͤltigkeit, worin er
ſich fuͤhlte.

Am meiſten ſchmerzte es ihn, daß er nicht
recht zur Erkenntniß ſeines Suͤndenelendes kom¬
men konnte, welches doch zur Heilsordnung noͤ¬
thig war. Auch hatte er den Tag vorher in einer
auswendig gelernten Beichte im Beichtſtuhl be¬
kennen muͤſſen, daß er leider viel und mannigfal¬
tig geſuͤndigt, mit Gedanken, Worten und Wer¬

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[43/0053] und auswendig gelernt hatte, als die vorherge¬ hende Pruͤfung nach dem Buß - und Suͤndenſpie¬ gel, und dann das Hinzutreten zum Altar mit ei¬ nem freudigen Zittern. — Er ſuchte ſich auf alle Weiſe in eine ſolche Art von freudigen Zit¬ tern zu verſetzen: es wollte ihm aber nicht gelin¬ gen, und er machte ſich ſelbſt die bitterſten Vor¬ wuͤrfe daruͤber, daß ſein Herz ſo verhaͤrtet war. Endlich fing er vor Kaͤlte an zu zittern, und dieß beruhigte ihn einigermaßen. Allein die himmliſche Empfindung und das ſelige Gefuͤhl, das ihm nun dieſe Seelenſpeiſe gewaͤhren ſollte, alles das empfand er nicht — er ſchrieb aber die Schuld davon bloß ſeinem eige¬ nen verſtockten Herzen zu, und quaͤlte ſich ſelbſt uͤber den Zuſtand der Gleichguͤltigkeit, worin er ſich fuͤhlte. Am meiſten ſchmerzte es ihn, daß er nicht recht zur Erkenntniß ſeines Suͤndenelendes kom¬ men konnte, welches doch zur Heilsordnung noͤ¬ thig war. Auch hatte er den Tag vorher in einer auswendig gelernten Beichte im Beichtſtuhl be¬ kennen muͤſſen, daß er leider viel und mannigfal¬ tig geſuͤndigt, mit Gedanken, Worten und Wer¬

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/53>, abgerufen am 25.11.2024.