Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.während daß seine Eltern Kaffee tranken, ihnen Es ward alsdann darüber gesprochen, und Denn dieser Mann unterhielt sich mit ihm So war nun Anton einmal auf einige Wo¬ waͤhrend daß ſeine Eltern Kaffee tranken, ihnen Es ward alsdann daruͤber geſprochen, und Denn dieſer Mann unterhielt ſich mit ihm So war nun Anton einmal auf einige Wo¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0070" n="60"/> waͤhrend daß ſeine Eltern Kaffee tranken, ihnen<lb/> aus dem Thomas von Kempis von der Nachfolge<lb/> Chriſti vorleſen mußte, welches er ſehr gern that.</p><lb/> <p>Es ward alsdann daruͤber geſprochen, und<lb/> er durfte auch zuweilen ſein Wort dazu geben.<lb/> Uebrigens genoß er das Gluͤck, nicht viel zu<lb/> Hauſe zu ſeyn, weil er noch die Stunden ſeines<lb/> alten Schreibmeiſters zu gleicher Zeit beſuchte,<lb/> den er, ohngeachtet mancher Kopfſtoͤße, die er<lb/> von ihm bekommen hatte, ſo aufrichtig liebte,<lb/> daß er alles fuͤr ihn aufgeopfert haͤtte.</p><lb/> <p>Denn dieſer Mann unterhielt ſich mit ihm<lb/> und ſeinen Mitſchuͤlern oft in freundſchaftlichen<lb/> und nuͤtzlichen Geſpraͤchen, und weil er ſonſt von<lb/> Natur ein ziemlich harter Mann zu ſeyn ſchien,<lb/> ſo hatte ſeine Freundlichkeit und Guͤte deſto mehr<lb/> Ruͤhrendes, das ihm die Herzen gewann.</p><lb/> <p>So war nun Anton einmal auf einige Wo¬<lb/> chen in einer doppelten Lage gluͤcklich: aber wie<lb/> bald wurde dieſe Gluͤckſeligkeit zerſtoͤrt! Damit<lb/> er ſich ſeines Gluͤcks nicht uͤberheben ſollte, wa¬<lb/> ren ihm fuͤrs erſte ſchon ſtarke Demuͤthigungen<lb/> zubereitet.</p><lb/> </body> </text> </TEI> [60/0070]
waͤhrend daß ſeine Eltern Kaffee tranken, ihnen
aus dem Thomas von Kempis von der Nachfolge
Chriſti vorleſen mußte, welches er ſehr gern that.
Es ward alsdann daruͤber geſprochen, und
er durfte auch zuweilen ſein Wort dazu geben.
Uebrigens genoß er das Gluͤck, nicht viel zu
Hauſe zu ſeyn, weil er noch die Stunden ſeines
alten Schreibmeiſters zu gleicher Zeit beſuchte,
den er, ohngeachtet mancher Kopfſtoͤße, die er
von ihm bekommen hatte, ſo aufrichtig liebte,
daß er alles fuͤr ihn aufgeopfert haͤtte.
Denn dieſer Mann unterhielt ſich mit ihm
und ſeinen Mitſchuͤlern oft in freundſchaftlichen
und nuͤtzlichen Geſpraͤchen, und weil er ſonſt von
Natur ein ziemlich harter Mann zu ſeyn ſchien,
ſo hatte ſeine Freundlichkeit und Guͤte deſto mehr
Ruͤhrendes, das ihm die Herzen gewann.
So war nun Anton einmal auf einige Wo¬
chen in einer doppelten Lage gluͤcklich: aber wie
bald wurde dieſe Gluͤckſeligkeit zerſtoͤrt! Damit
er ſich ſeines Gluͤcks nicht uͤberheben ſollte, wa¬
ren ihm fuͤrs erſte ſchon ſtarke Demuͤthigungen
zubereitet.
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