Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.Denn ob er nun gleich in Gesellschaft gesitte¬ Er mußte Wasser tragen, Butter und Käse Wie innig es ihn kränken mußte, wenn als¬ Doch dies verschmerzte er noch gerne gegen Um diese Zeit führte ihn auch sein Vater Denn ob er nun gleich in Geſellſchaft geſitte¬ Er mußte Waſſer tragen, Butter und Kaͤſe Wie innig es ihn kraͤnken mußte, wenn als¬ Doch dies verſchmerzte er noch gerne gegen Um dieſe Zeit fuͤhrte ihn auch ſein Vater <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0071" n="61"/> <p>Denn ob er nun gleich in Geſellſchaft geſitte¬<lb/> ter Kinder unterrichtet ward, ſo ließ ihn doch<lb/> ſeine Mutter die Dienſte der niedrigſten Magd<lb/> verrichten.</p><lb/> <p>Er mußte Waſſer tragen, Butter und Kaͤſe<lb/> aus den Kramlaͤden holen, und wie ein Weib<lb/> mit dem Korbe im Arm auf den Markt gehen,<lb/> um Eßwaaren einzukaufen.</p><lb/> <p>Wie innig es ihn kraͤnken mußte, wenn als¬<lb/> dann einer ſeiner gluͤcklichern Mitſchuͤler haͤ¬<lb/> miſchlaͤchelnd vor ihm vorbeiging, darf ich nicht<lb/> erſt ſagen.</p><lb/> <p>Doch dies verſchmerzte er noch gerne gegen<lb/> das Gluͤck in eine lateiniſchen Schule gehen zu<lb/> duͤrfen, wo er nach zwei Monaten ſo weit ge¬<lb/> ſtiegen war, daß er nun an den Beſchaͤftigungen<lb/> des oͤberſten Tiſches, oder der ſogenannten vier<lb/> Veteraner, mit Theil nehmen konnte.</p><lb/> <p>Um dieſe Zeit fuͤhrte ihn auch ſein Vater<lb/> zum erſtenmale zu einem aͤußerſt merkwuͤrdigen<lb/> Manne in H., der ſchon lange der Gegenſtand<lb/> ſeiner Geſpraͤche geweſen war. Dieſer Mann<lb/> hieß Tiſcher, und war hundert und fuͤnf Jahr alt.</p><lb/> </body> </text> </TEI> [61/0071]
Denn ob er nun gleich in Geſellſchaft geſitte¬
ter Kinder unterrichtet ward, ſo ließ ihn doch
ſeine Mutter die Dienſte der niedrigſten Magd
verrichten.
Er mußte Waſſer tragen, Butter und Kaͤſe
aus den Kramlaͤden holen, und wie ein Weib
mit dem Korbe im Arm auf den Markt gehen,
um Eßwaaren einzukaufen.
Wie innig es ihn kraͤnken mußte, wenn als¬
dann einer ſeiner gluͤcklichern Mitſchuͤler haͤ¬
miſchlaͤchelnd vor ihm vorbeiging, darf ich nicht
erſt ſagen.
Doch dies verſchmerzte er noch gerne gegen
das Gluͤck in eine lateiniſchen Schule gehen zu
duͤrfen, wo er nach zwei Monaten ſo weit ge¬
ſtiegen war, daß er nun an den Beſchaͤftigungen
des oͤberſten Tiſches, oder der ſogenannten vier
Veteraner, mit Theil nehmen konnte.
Um dieſe Zeit fuͤhrte ihn auch ſein Vater
zum erſtenmale zu einem aͤußerſt merkwuͤrdigen
Manne in H., der ſchon lange der Gegenſtand
ſeiner Geſpraͤche geweſen war. Dieſer Mann
hieß Tiſcher, und war hundert und fuͤnf Jahr alt.
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