Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.Diß Tragen auf dem Rücken schwächte seinen Wenn ihm so etwas begegnet war, so suchte Es
Diß Tragen auf dem Ruͤcken ſchwaͤchte ſeinen Wenn ihm ſo etwas begegnet war, ſo ſuchte Es
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0168" n="158"/> <p>Diß Tragen auf dem Ruͤcken ſchwaͤchte ſeinen<lb/> Muth mehr, als irgend eine Demuͤthigung, die<lb/> er noch erlitten hatte, und mehr als L...s<lb/> Scheltworte und Schlaͤge. Es war ihm, als<lb/> ob er nun nicht tiefer ſinken koͤnne; er betrach¬<lb/> tete ſich beinahe ſelbſt, als ein veraͤchtliches, weg¬<lb/> geworfenes Geſchoͤpf: Es war diß eine der<lb/> grauſamſten Situationen in ſeinem ganzen Le¬<lb/> ben, an die er ſich nachher, ſo oft er ein Zeug¬<lb/> haus ſahe, lebhaft wieder erinnerte, und deren<lb/> Bild wieder in ihm aufſtieg, ſo oft er das Wort<lb/><hi rendition="#fr">Unterjochung</hi> hoͤrte.</p><lb/> <p>Wenn ihm ſo etwas begegnet war, ſo ſuchte<lb/> er ſich vor allen Menſchen zu verbergen; jeder<lb/> Laut der Freude war ihm zuwider; er eilte auf<lb/> das Plaͤtzchen hinter dem Hauſe an die Oker hin,<lb/> und blickte oft Stundenlang ſehnſuchtsvoll<lb/> in die Fluth hinab. — Verfolgte ihn dann ſelbſt<lb/> da irgend eine menſchliche Stimme, aus einem<lb/> der benachbarten Haͤuſer, oder hoͤrte er ſingen,<lb/> lachen, oder ſprechen, ſo daͤuchte es ihm, als<lb/> treibe die Welt ihr Hohngelaͤchter uͤber ihn, ſo<lb/> verachtet, ſo vernichtet glaubte er ſich, ſeitdem<lb/> er ſeinen Nacken unter das Joch eines Tragkor¬<lb/> bes gebeugt hatte.</p> <fw place="bottom" type="catch">Es<lb/></fw><lb/> </body> </text> </TEI> [158/0168]
Diß Tragen auf dem Ruͤcken ſchwaͤchte ſeinen
Muth mehr, als irgend eine Demuͤthigung, die
er noch erlitten hatte, und mehr als L...s
Scheltworte und Schlaͤge. Es war ihm, als
ob er nun nicht tiefer ſinken koͤnne; er betrach¬
tete ſich beinahe ſelbſt, als ein veraͤchtliches, weg¬
geworfenes Geſchoͤpf: Es war diß eine der
grauſamſten Situationen in ſeinem ganzen Le¬
ben, an die er ſich nachher, ſo oft er ein Zeug¬
haus ſahe, lebhaft wieder erinnerte, und deren
Bild wieder in ihm aufſtieg, ſo oft er das Wort
Unterjochung hoͤrte.
Wenn ihm ſo etwas begegnet war, ſo ſuchte
er ſich vor allen Menſchen zu verbergen; jeder
Laut der Freude war ihm zuwider; er eilte auf
das Plaͤtzchen hinter dem Hauſe an die Oker hin,
und blickte oft Stundenlang ſehnſuchtsvoll
in die Fluth hinab. — Verfolgte ihn dann ſelbſt
da irgend eine menſchliche Stimme, aus einem
der benachbarten Haͤuſer, oder hoͤrte er ſingen,
lachen, oder ſprechen, ſo daͤuchte es ihm, als
treibe die Welt ihr Hohngelaͤchter uͤber ihn, ſo
verachtet, ſo vernichtet glaubte er ſich, ſeitdem
er ſeinen Nacken unter das Joch eines Tragkor¬
bes gebeugt hatte.
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