indem L. . . vor ihm herging -- es war ihm, als ob alle Menschen auf der Straße ihn ansähen.
Jede Last, die er vor sich, oder unter dem Arme, oder an den Händen tragen konnte, schien ihm vielmehr ehrenvoll zu seyn, als das er glaubte, sie mache ihm Schande. -- Nur daß er itzt gebückt gehen, seinen Nacken unter das Joch beugen mußte, wie ein Lastthier, indeß sein stolzer Gebieter vor ihm herging, das beugte zugleich seinen ganzen Muth darnieder, und erschwerte ihm die Last tausendmal. Er glaubte sowohl vor Müdigkeit als vor Schaam in die Erde sinken zu müssen, ehe er mit seiner Bürde an den bestimmten Ort kam.
Dieser bestimmte Ort, war das Zeughaus, wo die Hüte, welche Kommisarbeit waren, ab¬ geliefert wurden. -- Nicht sehnlicher hatte sich Anton gewünscht, die Glocken und das Ziffer¬ blatt auf dem neustädtischen Thurm in H. . ., als diß Zeughaus, inwendig zu sehen, vor welchem er so oft, ohne seinen Wunsch befriedigen zu können, vorbei gegangen war. Aber wie sehr wurde ihm itzt diß Vergnügen versalzen, da er es in solchem Zustande zu sehen bekam.
Diß
indem L. . . vor ihm herging — es war ihm, als ob alle Menſchen auf der Straße ihn anſaͤhen.
Jede Laſt, die er vor ſich, oder unter dem Arme, oder an den Haͤnden tragen konnte, ſchien ihm vielmehr ehrenvoll zu ſeyn, als das er glaubte, ſie mache ihm Schande. — Nur daß er itzt gebuͤckt gehen, ſeinen Nacken unter das Joch beugen mußte, wie ein Laſtthier, indeß ſein ſtolzer Gebieter vor ihm herging, das beugte zugleich ſeinen ganzen Muth darnieder, und erſchwerte ihm die Laſt tauſendmal. Er glaubte ſowohl vor Muͤdigkeit als vor Schaam in die Erde ſinken zu muͤſſen, ehe er mit ſeiner Buͤrde an den beſtimmten Ort kam.
Dieſer beſtimmte Ort, war das Zeughaus, wo die Huͤte, welche Kommisarbeit waren, ab¬ geliefert wurden. — Nicht ſehnlicher hatte ſich Anton gewuͤnſcht, die Glocken und das Ziffer¬ blatt auf dem neuſtaͤdtiſchen Thurm in H. . ., als diß Zeughaus, inwendig zu ſehen, vor welchem er ſo oft, ohne ſeinen Wunſch befriedigen zu koͤnnen, vorbei gegangen war. Aber wie ſehr wurde ihm itzt diß Vergnuͤgen verſalzen, da er es in ſolchem Zuſtande zu ſehen bekam.
Diß
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0167"n="157"/>
indem L. . . vor ihm herging — es war ihm, als<lb/>
ob alle Menſchen auf der Straße ihn anſaͤhen.</p><lb/><p>Jede Laſt, die er vor ſich, oder unter dem<lb/>
Arme, oder an den Haͤnden tragen konnte,<lb/>ſchien ihm vielmehr ehrenvoll zu ſeyn, als das<lb/>
er glaubte, ſie mache ihm Schande. — Nur<lb/>
daß er itzt gebuͤckt gehen, ſeinen Nacken unter<lb/>
das Joch beugen mußte, wie ein Laſtthier,<lb/>
indeß ſein ſtolzer Gebieter vor ihm herging, das<lb/>
beugte zugleich ſeinen ganzen Muth darnieder,<lb/>
und erſchwerte ihm die Laſt tauſendmal. Er glaubte<lb/>ſowohl vor Muͤdigkeit als vor Schaam in die<lb/>
Erde ſinken zu muͤſſen, ehe er mit ſeiner Buͤrde<lb/>
an den beſtimmten Ort kam.</p><lb/><p>Dieſer beſtimmte Ort, war das Zeughaus,<lb/>
wo die Huͤte, welche Kommisarbeit waren, ab¬<lb/>
geliefert wurden. — Nicht ſehnlicher hatte ſich<lb/>
Anton gewuͤnſcht, die Glocken und das Ziffer¬<lb/>
blatt auf dem neuſtaͤdtiſchen Thurm in H. . ., als<lb/>
diß Zeughaus, inwendig zu ſehen, vor welchem<lb/>
er ſo oft, ohne ſeinen Wunſch befriedigen zu<lb/>
koͤnnen, vorbei gegangen war. Aber wie ſehr<lb/>
wurde ihm itzt diß Vergnuͤgen verſalzen, da er<lb/>
es in ſolchem Zuſtande zu ſehen bekam.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Diß<lb/></fw></body></text></TEI>
[157/0167]
indem L. . . vor ihm herging — es war ihm, als
ob alle Menſchen auf der Straße ihn anſaͤhen.
Jede Laſt, die er vor ſich, oder unter dem
Arme, oder an den Haͤnden tragen konnte,
ſchien ihm vielmehr ehrenvoll zu ſeyn, als das
er glaubte, ſie mache ihm Schande. — Nur
daß er itzt gebuͤckt gehen, ſeinen Nacken unter
das Joch beugen mußte, wie ein Laſtthier,
indeß ſein ſtolzer Gebieter vor ihm herging, das
beugte zugleich ſeinen ganzen Muth darnieder,
und erſchwerte ihm die Laſt tauſendmal. Er glaubte
ſowohl vor Muͤdigkeit als vor Schaam in die
Erde ſinken zu muͤſſen, ehe er mit ſeiner Buͤrde
an den beſtimmten Ort kam.
Dieſer beſtimmte Ort, war das Zeughaus,
wo die Huͤte, welche Kommisarbeit waren, ab¬
geliefert wurden. — Nicht ſehnlicher hatte ſich
Anton gewuͤnſcht, die Glocken und das Ziffer¬
blatt auf dem neuſtaͤdtiſchen Thurm in H. . ., als
diß Zeughaus, inwendig zu ſehen, vor welchem
er ſo oft, ohne ſeinen Wunſch befriedigen zu
koͤnnen, vorbei gegangen war. Aber wie ſehr
wurde ihm itzt diß Vergnuͤgen verſalzen, da er
es in ſolchem Zuſtande zu ſehen bekam.
Diß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/167>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.