Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

und betet, und betet, und betet -- Vater, ver¬
gieb ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun!

Und in einer Predigt über die Beichte, wel¬
che über das Evangelium vom Aussätzigen ge¬
halten wurde, der sich dem Priester zeigen
sollte
, die Anrede an die Heuchler, die alle äußere
Gebräuche der Religion gewissenhaft beobachten,
und doch ein feindseliges Herz im Busen tragen,
und wo sich jeder Periode anfing, mit: ihr kommt
in den Beichtstuhl, ihr zeiget euch dem Priester,
aber er kann in euer Herz nicht schauen, u. s. w. --
Dann wurde in dieser Predigt auch oft ein Aus¬
druck wiederholt, der für Anton außerordentlich
rührend war, dieser klang ihm, als: ihr kommt
in den Heben
. -- Das letzte Wort nehmlich,
was immer verschlungen wurde, so daß er es
nicht recht verstehen konnte, klang ihm wie He¬
ben
, und diß Wort oder dieser Laut rührte ihn
bis zu Thränen, so oft er wieder daran dachte.

Eben so reizend klang ihm der Ausdruck, der
sehr oft in den Predigten des Pastor P. . . vor¬
kam. Die Höhen der Vernunft -- diß hatte
aber seine besondern Ursachen, deren Entwi¬
ckelung nicht unnütz seyn wird. Das Chor in

der

und betet, und betet, und betet — Vater, ver¬
gieb ihnen, denn ſie wiſſen nicht, was ſie thun!

Und in einer Predigt uͤber die Beichte, wel¬
che uͤber das Evangelium vom Ausſaͤtzigen ge¬
halten wurde, der ſich dem Prieſter zeigen
ſollte
, die Anrede an die Heuchler, die alle aͤußere
Gebraͤuche der Religion gewiſſenhaft beobachten,
und doch ein feindſeliges Herz im Buſen tragen,
und wo ſich jeder Periode anfing, mit: ihr kommt
in den Beichtſtuhl, ihr zeiget euch dem Prieſter,
aber er kann in euer Herz nicht ſchauen, u. ſ. w. —
Dann wurde in dieſer Predigt auch oft ein Aus¬
druck wiederholt, der fuͤr Anton außerordentlich
ruͤhrend war, dieſer klang ihm, als: ihr kommt
in den Heben
. — Das letzte Wort nehmlich,
was immer verſchlungen wurde, ſo daß er es
nicht recht verſtehen konnte, klang ihm wie He¬
ben
, und diß Wort oder dieſer Laut ruͤhrte ihn
bis zu Thraͤnen, ſo oft er wieder daran dachte.

Eben ſo reizend klang ihm der Ausdruck, der
ſehr oft in den Predigten des Paſtor P. . . vor¬
kam. Die Hoͤhen der Vernunft — diß hatte
aber ſeine beſondern Urſachen, deren Entwi¬
ckelung nicht unnuͤtz ſeyn wird. Das Chor in

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0158" n="148"/>
und betet, und betet, und betet &#x2014; Vater, ver¬<lb/>
gieb ihnen, denn &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en nicht, was &#x017F;ie thun!</p><lb/>
      <p>Und in einer Predigt u&#x0364;ber die Beichte, wel¬<lb/>
che u&#x0364;ber das Evangelium vom Aus&#x017F;a&#x0364;tzigen ge¬<lb/>
halten wurde, der &#x017F;ich <hi rendition="#fr">dem Prie&#x017F;ter zeigen<lb/>
&#x017F;ollte</hi>, die Anrede an die Heuchler, die alle a&#x0364;ußere<lb/>
Gebra&#x0364;uche der Religion gewi&#x017F;&#x017F;enhaft beobachten,<lb/>
und doch ein feind&#x017F;eliges Herz im Bu&#x017F;en tragen,<lb/>
und wo &#x017F;ich jeder Periode anfing, mit: ihr kommt<lb/>
in den Beicht&#x017F;tuhl, ihr zeiget euch dem Prie&#x017F;ter,<lb/>
aber er kann in euer Herz nicht &#x017F;chauen, u. &#x017F;. w. &#x2014;<lb/>
Dann wurde in die&#x017F;er Predigt auch oft ein Aus¬<lb/>
druck wiederholt, der fu&#x0364;r Anton außerordentlich<lb/>
ru&#x0364;hrend war, die&#x017F;er klang ihm, als: <hi rendition="#fr">ihr kommt<lb/>
in den Heben</hi>. &#x2014; Das letzte Wort nehmlich,<lb/>
was immer ver&#x017F;chlungen wurde, &#x017F;o daß er es<lb/>
nicht recht ver&#x017F;tehen konnte, klang ihm wie <hi rendition="#fr">He¬<lb/>
ben</hi>, und diß Wort oder die&#x017F;er Laut ru&#x0364;hrte ihn<lb/>
bis zu Thra&#x0364;nen, &#x017F;o oft er wieder daran dachte.</p><lb/>
      <p>Eben &#x017F;o reizend klang ihm der Ausdruck, der<lb/>
&#x017F;ehr oft in den Predigten des Pa&#x017F;tor P. . . vor¬<lb/>
kam. <hi rendition="#fr">Die Ho&#x0364;hen der Vernunft</hi> &#x2014; diß hatte<lb/>
aber &#x017F;eine be&#x017F;ondern Ur&#x017F;achen, deren Entwi¬<lb/>
ckelung nicht unnu&#x0364;tz &#x017F;eyn wird. Das Chor in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0158] und betet, und betet, und betet — Vater, ver¬ gieb ihnen, denn ſie wiſſen nicht, was ſie thun! Und in einer Predigt uͤber die Beichte, wel¬ che uͤber das Evangelium vom Ausſaͤtzigen ge¬ halten wurde, der ſich dem Prieſter zeigen ſollte, die Anrede an die Heuchler, die alle aͤußere Gebraͤuche der Religion gewiſſenhaft beobachten, und doch ein feindſeliges Herz im Buſen tragen, und wo ſich jeder Periode anfing, mit: ihr kommt in den Beichtſtuhl, ihr zeiget euch dem Prieſter, aber er kann in euer Herz nicht ſchauen, u. ſ. w. — Dann wurde in dieſer Predigt auch oft ein Aus¬ druck wiederholt, der fuͤr Anton außerordentlich ruͤhrend war, dieſer klang ihm, als: ihr kommt in den Heben. — Das letzte Wort nehmlich, was immer verſchlungen wurde, ſo daß er es nicht recht verſtehen konnte, klang ihm wie He¬ ben, und diß Wort oder dieſer Laut ruͤhrte ihn bis zu Thraͤnen, ſo oft er wieder daran dachte. Eben ſo reizend klang ihm der Ausdruck, der ſehr oft in den Predigten des Paſtor P. . . vor¬ kam. Die Hoͤhen der Vernunft — diß hatte aber ſeine beſondern Urſachen, deren Entwi¬ ckelung nicht unnuͤtz ſeyn wird. Das Chor in der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/158
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/158>, abgerufen am 11.10.2024.