fen hätte -- und er fuhr fort eine volle Stunde nacheinander zu beten, und würde die ganze Nacht nicht aufgehört haben, wenn er keine Lin¬ derung seiner Angst verspürt hätte; -- aber so wie seine Brust einen ängstlichen Seufzer nach dem andern ausstieß, und endlich seine Thränen flos¬ sen, schien es ihm, als sey ihm von Gott Erhö¬ rung seiner Bitte gewährt - der nun lieber, wie dort bei den Niniviten, einen Propheten wolle zu Schanden werden lassen, als daß er eine Seele verderben ließe. -- Anton hatte sein Fie¬ ber weggebetet, worinn er wahrscheinlich wie¬ der zurückgefallen seyn würde, wenn seine em¬ pörten Geister nicht diesen Ausweg gefunden hät¬ ten. -- So heilt oft eine Schwärmerei, eine Tollheit die andere -- die Teufel werden ausge¬ trieben durch Beelzebub.
Anton wurde nach dieser Ermattung durch einen ruhigen Schlaf erquickt, und stand am andern Morgen wieder gesund auf -- aber der Gedanke an den Tod erwachte wieder mit ihm -- höchstens glaubte er, sey ihm eine kleine Frist zur Bekehrung gegeben, und nun müsse er sehr eilen, wenn er noch seine Seele retten wolle.
Das
fen haͤtte — und er fuhr fort eine volle Stunde nacheinander zu beten, und wuͤrde die ganze Nacht nicht aufgehoͤrt haben, wenn er keine Lin¬ derung ſeiner Angſt verſpuͤrt haͤtte; — aber ſo wie ſeine Bruſt einen aͤngſtlichen Seufzer nach dem andern ausſtieß, und endlich ſeine Thraͤnen floſ¬ ſen, ſchien es ihm, als ſey ihm von Gott Erhoͤ¬ rung ſeiner Bitte gewaͤhrt – der nun lieber, wie dort bei den Niniviten, einen Propheten wolle zu Schanden werden laſſen, als daß er eine Seele verderben ließe. — Anton hatte ſein Fie¬ ber weggebetet, worinn er wahrſcheinlich wie¬ der zuruͤckgefallen ſeyn wuͤrde, wenn ſeine em¬ poͤrten Geiſter nicht dieſen Ausweg gefunden haͤt¬ ten. — So heilt oft eine Schwaͤrmerei, eine Tollheit die andere — die Teufel werden ausge¬ trieben durch Beelzebub.
Anton wurde nach dieſer Ermattung durch einen ruhigen Schlaf erquickt, und ſtand am andern Morgen wieder geſund auf — aber der Gedanke an den Tod erwachte wieder mit ihm — hoͤchſtens glaubte er, ſey ihm eine kleine Friſt zur Bekehrung gegeben, und nun muͤſſe er ſehr eilen, wenn er noch ſeine Seele retten wolle.
Das
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0144"n="134"/>
fen haͤtte — und er fuhr fort eine volle Stunde<lb/>
nacheinander zu beten, und wuͤrde die ganze<lb/>
Nacht nicht aufgehoͤrt haben, wenn er keine Lin¬<lb/>
derung ſeiner Angſt verſpuͤrt haͤtte; — aber ſo wie<lb/>ſeine Bruſt einen aͤngſtlichen Seufzer nach dem<lb/>
andern ausſtieß, und endlich ſeine Thraͤnen floſ¬<lb/>ſen, ſchien es ihm, als ſey ihm von Gott Erhoͤ¬<lb/>
rung ſeiner Bitte gewaͤhrt – der nun lieber, wie<lb/>
dort bei den Niniviten, einen Propheten wolle<lb/>
zu Schanden werden laſſen, als daß er eine<lb/>
Seele verderben ließe. — Anton hatte ſein Fie¬<lb/>
ber weggebetet, worinn er wahrſcheinlich wie¬<lb/>
der zuruͤckgefallen ſeyn wuͤrde, wenn ſeine em¬<lb/>
poͤrten Geiſter nicht dieſen Ausweg gefunden haͤt¬<lb/>
ten. — So heilt oft eine Schwaͤrmerei, eine<lb/>
Tollheit die andere — die Teufel werden ausge¬<lb/>
trieben durch Beelzebub.</p><lb/><p>Anton wurde nach dieſer Ermattung durch<lb/>
einen ruhigen Schlaf erquickt, und ſtand am<lb/>
andern Morgen wieder geſund auf — aber der<lb/>
Gedanke an den Tod erwachte wieder mit ihm —<lb/>
hoͤchſtens glaubte er, ſey ihm eine kleine Friſt<lb/>
zur Bekehrung gegeben, und nun muͤſſe er ſehr<lb/>
eilen, wenn er noch ſeine Seele retten wolle.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Das<lb/></fw></body></text></TEI>
[134/0144]
fen haͤtte — und er fuhr fort eine volle Stunde
nacheinander zu beten, und wuͤrde die ganze
Nacht nicht aufgehoͤrt haben, wenn er keine Lin¬
derung ſeiner Angſt verſpuͤrt haͤtte; — aber ſo wie
ſeine Bruſt einen aͤngſtlichen Seufzer nach dem
andern ausſtieß, und endlich ſeine Thraͤnen floſ¬
ſen, ſchien es ihm, als ſey ihm von Gott Erhoͤ¬
rung ſeiner Bitte gewaͤhrt – der nun lieber, wie
dort bei den Niniviten, einen Propheten wolle
zu Schanden werden laſſen, als daß er eine
Seele verderben ließe. — Anton hatte ſein Fie¬
ber weggebetet, worinn er wahrſcheinlich wie¬
der zuruͤckgefallen ſeyn wuͤrde, wenn ſeine em¬
poͤrten Geiſter nicht dieſen Ausweg gefunden haͤt¬
ten. — So heilt oft eine Schwaͤrmerei, eine
Tollheit die andere — die Teufel werden ausge¬
trieben durch Beelzebub.
Anton wurde nach dieſer Ermattung durch
einen ruhigen Schlaf erquickt, und ſtand am
andern Morgen wieder geſund auf — aber der
Gedanke an den Tod erwachte wieder mit ihm —
hoͤchſtens glaubte er, ſey ihm eine kleine Friſt
zur Bekehrung gegeben, und nun muͤſſe er ſehr
eilen, wenn er noch ſeine Seele retten wolle.
Das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/144>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.