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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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war nicht die beste. Er phantasirte im Fieber,
und lag oft ganze Tage lang allein, ohne daß
sich jemand um ihn bekümmerte.

Endlich arbeitete doch seine gute Natur sich
durch: er ward wieder hergestellt. -- Eine ge¬
wisse Trägheit und Niedergeschlagenheit blieb
aber demohngeachtet von dieser Krankheit zu¬
rück-- und der menschenfreundliche Herr L. . .
hätte ihm beinahe durch eine seiner sanften Er¬
mahnungen ein tödtliches Recidiv verursacht.

Es war eines Abends in der Dämmerung,
da L. . . in einem dunklen abgelegenen Gemache
sich eines warmen Kräuterbades bediente, wobei
ihm Anton zur Hand seyn mußte. Da er
nun in diesem Bade schwitzte, und große Angst
ausstund, so sagte er zu Anton mit einer Stim¬
me, die ihm durch Mark und Beine drang: An¬
ton! Anton! hüte dich vor der Hölle! -- und
dabei sah er starr in eine Ecke hin.--

Anton zitterte bei diesen Worten, ein plötz¬
licher Schauder lief ihm durch den ganzen Kör¬
per. Alle Schrecken des Todes überfielen ihn, --
denn er zweifelte nicht im geringsten, daß L. . .
in diesem Augenblick eine Erscheinung gehabt

habe

war nicht die beſte. Er phantaſirte im Fieber,
und lag oft ganze Tage lang allein, ohne daß
ſich jemand um ihn bekuͤmmerte.

Endlich arbeitete doch ſeine gute Natur ſich
durch: er ward wieder hergeſtellt. — Eine ge¬
wiſſe Traͤgheit und Niedergeſchlagenheit blieb
aber demohngeachtet von dieſer Krankheit zu¬
ruͤck— und der menſchenfreundliche Herr L. . .
haͤtte ihm beinahe durch eine ſeiner ſanften Er¬
mahnungen ein toͤdtliches Recidiv verurſacht.

Es war eines Abends in der Daͤmmerung,
da L. . . in einem dunklen abgelegenen Gemache
ſich eines warmen Kraͤuterbades bediente, wobei
ihm Anton zur Hand ſeyn mußte. Da er
nun in dieſem Bade ſchwitzte, und große Angſt
ausſtund, ſo ſagte er zu Anton mit einer Stim¬
me, die ihm durch Mark und Beine drang: An¬
ton! Anton! huͤte dich vor der Hoͤlle! — und
dabei ſah er ſtarr in eine Ecke hin.—

Anton zitterte bei dieſen Worten, ein ploͤtz¬
licher Schauder lief ihm durch den ganzen Koͤr¬
per. Alle Schrecken des Todes uͤberfielen ihn, —
denn er zweifelte nicht im geringſten, daß L. . .
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[132/0142] war nicht die beſte. Er phantaſirte im Fieber, und lag oft ganze Tage lang allein, ohne daß ſich jemand um ihn bekuͤmmerte. Endlich arbeitete doch ſeine gute Natur ſich durch: er ward wieder hergeſtellt. — Eine ge¬ wiſſe Traͤgheit und Niedergeſchlagenheit blieb aber demohngeachtet von dieſer Krankheit zu¬ ruͤck— und der menſchenfreundliche Herr L. . . haͤtte ihm beinahe durch eine ſeiner ſanften Er¬ mahnungen ein toͤdtliches Recidiv verurſacht. Es war eines Abends in der Daͤmmerung, da L. . . in einem dunklen abgelegenen Gemache ſich eines warmen Kraͤuterbades bediente, wobei ihm Anton zur Hand ſeyn mußte. Da er nun in dieſem Bade ſchwitzte, und große Angſt ausſtund, ſo ſagte er zu Anton mit einer Stim¬ me, die ihm durch Mark und Beine drang: An¬ ton! Anton! huͤte dich vor der Hoͤlle! — und dabei ſah er ſtarr in eine Ecke hin.— Anton zitterte bei dieſen Worten, ein ploͤtz¬ licher Schauder lief ihm durch den ganzen Koͤr¬ per. Alle Schrecken des Todes uͤberfielen ihn, — denn er zweifelte nicht im geringſten, daß L. . . in dieſem Augenblick eine Erſcheinung gehabt habe

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/142>, abgerufen am 23.11.2024.