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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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ihn anzureden. -- Wenn er nahe bei ihm stand,
so überfiel ihn ein Schauder, als ob er sich in
der Nähe eines Engels befände. --

Er konnte es sich entweder gar nicht denken,
oder suchte den Gedanken mit Fleiß zu vermei¬
den, daß dieser Pastor P. . . wie andre Men¬
schen aufstände, und zu Bette ginge, und alle
natürliche Handlungen, wie sie, verrichtete.
Sich ihn im Schlafrock und der Nachtmütze
vorzustellen, war ihm ganz unmöglich -- oder er
flohe vielmehr vor diesem Gedanken, als wenn
dadurch eine Lücke in seiner Seele wäre hervor¬
gebracht worden. Besonders war ihm das Bild
von der Nachtmütze ganz etwas Unausstehliches,
so oft es ihm bei dem Pastor P. . . einfiel; es
war, als ob dadurch eine Disharmonie in alle
seine übrigen Vorstellungen käme.

Nun fügte es sich aber einmal, daß Anton ge¬
rade in der Kirchthüre stand, als der Pastor P. . .
herein trat, und in platdeutscher Sprache zu
dem Küster sagte, daß sie nachher noch ein Kind
zu taufen hätten.

Würkte je ein Kontrast lebhaft auf Antons
Seele, so war es diese -- den Mann, welchen

er
J

ihn anzureden. — Wenn er nahe bei ihm ſtand,
ſo uͤberfiel ihn ein Schauder, als ob er ſich in
der Naͤhe eines Engels befaͤnde. —

Er konnte es ſich entweder gar nicht denken,
oder ſuchte den Gedanken mit Fleiß zu vermei¬
den, daß dieſer Paſtor P. . . wie andre Men¬
ſchen aufſtaͤnde, und zu Bette ginge, und alle
natuͤrliche Handlungen, wie ſie, verrichtete.
Sich ihn im Schlafrock und der Nachtmuͤtze
vorzuſtellen, war ihm ganz unmoͤglich — oder er
flohe vielmehr vor dieſem Gedanken, als wenn
dadurch eine Luͤcke in ſeiner Seele waͤre hervor¬
gebracht worden. Beſonders war ihm das Bild
von der Nachtmuͤtze ganz etwas Unausſtehliches,
ſo oft es ihm bei dem Paſtor P. . . einfiel; es
war, als ob dadurch eine Disharmonie in alle
ſeine uͤbrigen Vorſtellungen kaͤme.

Nun fuͤgte es ſich aber einmal, daß Anton ge¬
rade in der Kirchthuͤre ſtand, als der Paſtor P. . .
herein trat, und in platdeutſcher Sprache zu
dem Kuͤſter ſagte, daß ſie nachher noch ein Kind
zu taufen haͤtten.

Wuͤrkte je ein Kontraſt lebhaft auf Antons
Seele, ſo war es dieſe — den Mann, welchen

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[129/0139] ihn anzureden. — Wenn er nahe bei ihm ſtand, ſo uͤberfiel ihn ein Schauder, als ob er ſich in der Naͤhe eines Engels befaͤnde. — Er konnte es ſich entweder gar nicht denken, oder ſuchte den Gedanken mit Fleiß zu vermei¬ den, daß dieſer Paſtor P. . . wie andre Men¬ ſchen aufſtaͤnde, und zu Bette ginge, und alle natuͤrliche Handlungen, wie ſie, verrichtete. Sich ihn im Schlafrock und der Nachtmuͤtze vorzuſtellen, war ihm ganz unmoͤglich — oder er flohe vielmehr vor dieſem Gedanken, als wenn dadurch eine Luͤcke in ſeiner Seele waͤre hervor¬ gebracht worden. Beſonders war ihm das Bild von der Nachtmuͤtze ganz etwas Unausſtehliches, ſo oft es ihm bei dem Paſtor P. . . einfiel; es war, als ob dadurch eine Disharmonie in alle ſeine uͤbrigen Vorſtellungen kaͤme. Nun fuͤgte es ſich aber einmal, daß Anton ge¬ rade in der Kirchthuͤre ſtand, als der Paſtor P. . . herein trat, und in platdeutſcher Sprache zu dem Kuͤſter ſagte, daß ſie nachher noch ein Kind zu taufen haͤtten. Wuͤrkte je ein Kontraſt lebhaft auf Antons Seele, ſo war es dieſe — den Mann, welchen er J

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/139>, abgerufen am 27.11.2024.