süßte, wenn er bedachte, daß ihn doch als Hut¬ macherbursche einmal niemand dieses Trostes würde berauben können. Alle vierzehn Tage wenigstens nahm er sich dann vor zum Abendmahl zu gehen, wenn er erst so weit wäre -- und dann schlich sich ganz geheim in diesen Wunsch die Hoffnung mit ein, daß durch diß öftere zum Abendmahlgehen der Pastor P. . . ihn vielleicht am Ende bemerken würde: und dieser Gedanke war es wohl vorzüglich, welcher bei ihm die unaussprechliche Süßigkeit in diese Vorstellungen brachte. So lag auch hier die Ei¬ telkeit im Hinterhalt verborgen, wo sie mancher vielleicht am wenigsten vermuthet hätte.
Das war ihm unmöglich zu glauben, daß er immer so, wie jetzt, würde verkannt, und ver¬ nachläßiget werden. Gewissen romanhaften Ideen nach, die er sich in den Kopf gesetzt hatte, mußte es sich etwa einmal fügen, daß ein edler Mann, der auf der Straße ihm begegnete, etwas auf¬ fallendes an ihm bemerkte, und sich dann seiner annehme. -- Eine gewisse schwermüthige me¬ lancholische Miene, die er zu dem Ende an¬ nahm, glaubte er, würde am ersten diese Auf¬
merk¬
ſuͤßte, wenn er bedachte, daß ihn doch als Hut¬ macherburſche einmal niemand dieſes Troſtes wuͤrde berauben koͤnnen. Alle vierzehn Tage wenigſtens nahm er ſich dann vor zum Abendmahl zu gehen, wenn er erſt ſo weit waͤre — und dann ſchlich ſich ganz geheim in dieſen Wunſch die Hoffnung mit ein, daß durch diß oͤftere zum Abendmahlgehen der Paſtor P. . . ihn vielleicht am Ende bemerken wuͤrde: und dieſer Gedanke war es wohl vorzuͤglich, welcher bei ihm die unausſprechliche Suͤßigkeit in dieſe Vorſtellungen brachte. So lag auch hier die Ei¬ telkeit im Hinterhalt verborgen, wo ſie mancher vielleicht am wenigſten vermuthet haͤtte.
Das war ihm unmoͤglich zu glauben, daß er immer ſo, wie jetzt, wuͤrde verkannt, und ver¬ nachlaͤßiget werden. Gewiſſen romanhaften Ideen nach, die er ſich in den Kopf geſetzt hatte, mußte es ſich etwa einmal fuͤgen, daß ein edler Mann, der auf der Straße ihm begegnete, etwas auf¬ fallendes an ihm bemerkte, und ſich dann ſeiner annehme. — Eine gewiſſe ſchwermuͤthige me¬ lancholiſche Miene, die er zu dem Ende an¬ nahm, glaubte er, wuͤrde am erſten dieſe Auf¬
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ſuͤßte, wenn er bedachte, daß ihn doch als Hut¬
macherburſche einmal niemand dieſes Troſtes
wuͤrde berauben koͤnnen. Alle vierzehn
Tage wenigſtens nahm er ſich dann vor zum
Abendmahl zu gehen, wenn er erſt ſo weit waͤre —
und dann ſchlich ſich ganz geheim in dieſen
Wunſch die Hoffnung mit ein, daß durch diß
oͤftere zum Abendmahlgehen der Paſtor P. . .
ihn vielleicht am Ende bemerken wuͤrde: und
dieſer Gedanke war es wohl vorzuͤglich, welcher
bei ihm die unausſprechliche Suͤßigkeit in dieſe
Vorſtellungen brachte. So lag auch hier die Ei¬
telkeit im Hinterhalt verborgen, wo ſie mancher
vielleicht am wenigſten vermuthet haͤtte.
Das war ihm unmoͤglich zu glauben, daß er
immer ſo, wie jetzt, wuͤrde verkannt, und ver¬
nachlaͤßiget werden. Gewiſſen romanhaften Ideen
nach, die er ſich in den Kopf geſetzt hatte, mußte
es ſich etwa einmal fuͤgen, daß ein edler Mann,
der auf der Straße ihm begegnete, etwas auf¬
fallendes an ihm bemerkte, und ſich dann ſeiner
annehme. — Eine gewiſſe ſchwermuͤthige me¬
lancholiſche Miene, die er zu dem Ende an¬
nahm, glaubte er, wuͤrde am erſten dieſe Auf¬
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/137>, abgerufen am 26.06.2024.
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