viermeister zu bekehren sich Mühe gab, welcher ein sehr rechtschaffner und frommer Mann war, aber Hrn. L...s Meinung nach, sich Gott noch nicht ganz hingegeben hatte, und sich nicht lei¬ dend gnug gegen ihn verhielt.
Dieser Mann mußte denn auch oft bei Hrn. L... speisen, verdarb es aber am Ende dadurch, daß er sich zu viel Butter auf das Brod schmierte; auf diesen Umstand machte die Haushälterin Hrn. L... aufmerksam, um dadurch ihren Zwek zu erreichen, dem Klavierspielen Antons ein Ende zu machen, damit er nicht mehr über die andern Hausgenossen erhoben wäre.
Anton hatte überdem nicht viel Genie zur Musik, und lernte folglich nicht viel in seinen Stunden. Ein paar Arien und Choräle waren alles, was er mit vieler Mühe fassen konnte. Und die Klavierstunde war ihm immer eine sehr unangenehme Stunde. Auch wurde ihm die Applikatur sehr schwer, und L... fand immer an der Figur seiner weitausgespreiteten Finger etwas auszusetzen.
Indeß gelang es ihm doch einmal, wie dem David beim Saul, den bösen Geist des Hrn.
viermeiſter zu bekehren ſich Muͤhe gab, welcher ein ſehr rechtſchaffner und frommer Mann war, aber Hrn. L...s Meinung nach, ſich Gott noch nicht ganz hingegeben hatte, und ſich nicht lei¬ dend gnug gegen ihn verhielt.
Dieſer Mann mußte denn auch oft bei Hrn. L... ſpeiſen, verdarb es aber am Ende dadurch, daß er ſich zu viel Butter auf das Brod ſchmierte; auf dieſen Umſtand machte die Haushaͤlterin Hrn. L... aufmerkſam, um dadurch ihren Zwek zu erreichen, dem Klavierſpielen Antons ein Ende zu machen, damit er nicht mehr uͤber die andern Hausgenoſſen erhoben waͤre.
Anton hatte uͤberdem nicht viel Genie zur Muſik, und lernte folglich nicht viel in ſeinen Stunden. Ein paar Arien und Choraͤle waren alles, was er mit vieler Muͤhe faſſen konnte. Und die Klavierſtunde war ihm immer eine ſehr unangenehme Stunde. Auch wurde ihm die Applikatur ſehr ſchwer, und L... fand immer an der Figur ſeiner weitausgeſpreiteten Finger etwas auszuſetzen.
Indeß gelang es ihm doch einmal, wie dem David beim Saul, den boͤſen Geiſt des Hrn.
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viermeiſter zu bekehren ſich Muͤhe gab, welcher
ein ſehr rechtſchaffner und frommer Mann war,
aber Hrn. L...s Meinung nach, ſich Gott noch
nicht ganz hingegeben hatte, und ſich nicht lei¬
dend gnug gegen ihn verhielt.
Dieſer Mann mußte denn auch oft bei Hrn.
L... ſpeiſen, verdarb es aber am Ende dadurch,
daß er ſich zu viel Butter auf das Brod ſchmierte;
auf dieſen Umſtand machte die Haushaͤlterin
Hrn. L... aufmerkſam, um dadurch ihren Zwek
zu erreichen, dem Klavierſpielen Antons ein
Ende zu machen, damit er nicht mehr uͤber die
andern Hausgenoſſen erhoben waͤre.
Anton hatte uͤberdem nicht viel Genie zur
Muſik, und lernte folglich nicht viel in ſeinen
Stunden. Ein paar Arien und Choraͤle waren
alles, was er mit vieler Muͤhe faſſen konnte.
Und die Klavierſtunde war ihm immer eine ſehr
unangenehme Stunde. Auch wurde ihm die
Applikatur ſehr ſchwer, und L... fand immer
an der Figur ſeiner weitausgeſpreiteten Finger
etwas auszuſetzen.
Indeß gelang es ihm doch einmal, wie dem
David beim Saul, den boͤſen Geiſt des Hrn.
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/112>, abgerufen am 17.06.2024.
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