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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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der Freundschaft aller übrigen Hausgenossen;
sobald es aber schien, als ob dieser ihm seine
Freundschaft und Vertrauen zuwenden würde,
nahm in eben dem Maße ihre Feindschaft und
Mißtrauen gegen ihn zu. Und sobald es ihnen
nur gelungen war, ihn wieder zu sich herunter zu
bringen, und man es so weit gebracht hatte, daß der
Klaviermeister wieder abgedankt war, hatte man
auch weiter nichts mehr gegen Anton: man war
sein Freund, wie zuvor.

Nun hielt es aber nicht schwer, ihn der Ge¬
wogenheit eines so argwöhnischen und mißtraui¬
schen Mannes, wie L. . . war, zu berauben; man
durfte nur einige lebhafte Aeußerungen von ihm
erzählen; man durfte Hrn. L. . . nur auf ver¬
schiedne wirkliche Fehler der Nachläßigkeit und
Unordnung, die Anton an sich hatte, bei jeder
Gelegenheit aufmerksam machen, um seinen Ge¬
sinnungen bald eine andre Richtung zu geben.
Dieß wurde denn von der Haushälterin, und
den übrigen Untergebenen sehr gewissenhaft ge¬
than. -- Indeß dauerte es doch noch einige Mo¬
nate, ehe man völlig seinen Zweck erreichte.
Während welcher Zeit L. . . sogar Antons Kla¬

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der Freundſchaft aller uͤbrigen Hausgenoſſen;
ſobald es aber ſchien, als ob dieſer ihm ſeine
Freundſchaft und Vertrauen zuwenden wuͤrde,
nahm in eben dem Maße ihre Feindſchaft und
Mißtrauen gegen ihn zu. Und ſobald es ihnen
nur gelungen war, ihn wieder zu ſich herunter zu
bringen, und man es ſo weit gebracht hatte, daß der
Klaviermeiſter wieder abgedankt war, hatte man
auch weiter nichts mehr gegen Anton: man war
ſein Freund, wie zuvor.

Nun hielt es aber nicht ſchwer, ihn der Ge¬
wogenheit eines ſo argwoͤhniſchen und mißtraui¬
ſchen Mannes, wie L. . . war, zu berauben; man
durfte nur einige lebhafte Aeußerungen von ihm
erzaͤhlen; man durfte Hrn. L. . . nur auf ver¬
ſchiedne wirkliche Fehler der Nachlaͤßigkeit und
Unordnung, die Anton an ſich hatte, bei jeder
Gelegenheit aufmerkſam machen, um ſeinen Ge¬
ſinnungen bald eine andre Richtung zu geben.
Dieß wurde denn von der Haushaͤlterin, und
den uͤbrigen Untergebenen ſehr gewiſſenhaft ge¬
than. — Indeß dauerte es doch noch einige Mo¬
nate, ehe man voͤllig ſeinen Zweck erreichte.
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[101/0111] der Freundſchaft aller uͤbrigen Hausgenoſſen; ſobald es aber ſchien, als ob dieſer ihm ſeine Freundſchaft und Vertrauen zuwenden wuͤrde, nahm in eben dem Maße ihre Feindſchaft und Mißtrauen gegen ihn zu. Und ſobald es ihnen nur gelungen war, ihn wieder zu ſich herunter zu bringen, und man es ſo weit gebracht hatte, daß der Klaviermeiſter wieder abgedankt war, hatte man auch weiter nichts mehr gegen Anton: man war ſein Freund, wie zuvor. Nun hielt es aber nicht ſchwer, ihn der Ge¬ wogenheit eines ſo argwoͤhniſchen und mißtraui¬ ſchen Mannes, wie L. . . war, zu berauben; man durfte nur einige lebhafte Aeußerungen von ihm erzaͤhlen; man durfte Hrn. L. . . nur auf ver¬ ſchiedne wirkliche Fehler der Nachlaͤßigkeit und Unordnung, die Anton an ſich hatte, bei jeder Gelegenheit aufmerkſam machen, um ſeinen Ge¬ ſinnungen bald eine andre Richtung zu geben. Dieß wurde denn von der Haushaͤlterin, und den uͤbrigen Untergebenen ſehr gewiſſenhaft ge¬ than. — Indeß dauerte es doch noch einige Mo¬ nate, ehe man voͤllig ſeinen Zweck erreichte. Waͤhrend welcher Zeit L. . . ſogar Antons Kla¬ G 3

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/111>, abgerufen am 23.11.2024.