Die Nacht und das Fatum, das über Götter und Menschen herrscht.
Als Jupiter einst auf den Gott des Schlafs er- zürnt war, so hüllte diesen die Nacht in ihren Mantel, und Jupiter hielt seinen Zorn zurück, denn er fürchtete sich, die schnelle Nacht zu betrüben.
Es giebt also etwas, wovor die Götter selber Scheu tragen. Es ist das nächtliche geheimniß- volle Dunkel, worin sich noch etwas über Götter und Menschen Obwaltendes verhüllt, das die Be- griffe der Sterblichen übersteigt.
Die Nacht verbirgt, verhüllt; darum ist sie die Mutter alles Schönen, so wie alles Furcht- baren.
Aus ihrem Schooße wird des Tages Glanz gebohren, worin alle Bildungen sich entfalten.
Und sie ist auch die Mutter:
Des in Dunkel gehüllten Schicksals;
Der unerbittlichen Parzen Lachesis, Klotho und Atropos;
Die Nacht und das Fatum, das uͤber Goͤtter und Menſchen herrſcht.
Als Jupiter einſt auf den Gott des Schlafs er- zuͤrnt war, ſo huͤllte dieſen die Nacht in ihren Mantel, und Jupiter hielt ſeinen Zorn zuruͤck, denn er fuͤrchtete ſich, die ſchnelle Nacht zu betruͤben.
Es giebt alſo etwas, wovor die Goͤtter ſelber Scheu tragen. Es iſt das naͤchtliche geheimniß- volle Dunkel, worin ſich noch etwas uͤber Goͤtter und Menſchen Obwaltendes verhuͤllt, das die Be- griffe der Sterblichen uͤberſteigt.
Die Nacht verbirgt, verhuͤllt; darum iſt ſie die Mutter alles Schoͤnen, ſo wie alles Furcht- baren.
Aus ihrem Schooße wird des Tages Glanz gebohren, worin alle Bildungen ſich entfalten.
Und ſie iſt auch die Mutter:
Des in Dunkel gehuͤllten Schickſals;
Der unerbittlichen Parzen Lacheſis, Klotho und Atropos;
<TEI><text><body><pbfacs="#f0066"n="44"/><divn="1"><head><hirendition="#b">Die Nacht und das Fatum,<lb/>
das<lb/>
uͤber Goͤtter und Menſchen herrſcht.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">A</hi>ls Jupiter einſt auf den Gott des Schlafs er-<lb/>
zuͤrnt war, ſo huͤllte dieſen die Nacht in ihren<lb/>
Mantel, und Jupiter hielt ſeinen Zorn zuruͤck,<lb/><hirendition="#fr">denn er fuͤrchtete ſich, die ſchnelle Nacht zu<lb/>
betruͤben.</hi></p><lb/><p>Es giebt alſo etwas, wovor die Goͤtter ſelber<lb/>
Scheu tragen. Es iſt das naͤchtliche geheimniß-<lb/>
volle Dunkel, worin ſich noch etwas uͤber Goͤtter<lb/>
und Menſchen Obwaltendes verhuͤllt, das die Be-<lb/>
griffe der Sterblichen uͤberſteigt.</p><lb/><p>Die Nacht verbirgt, verhuͤllt; darum iſt ſie<lb/>
die Mutter alles Schoͤnen, ſo wie alles Furcht-<lb/>
baren.</p><lb/><p>Aus ihrem Schooße wird des Tages Glanz<lb/>
gebohren, worin alle Bildungen ſich entfalten.</p><lb/><p>Und ſie iſt auch die Mutter:</p><lb/><p>Des in Dunkel gehuͤllten <hirendition="#fr">Schickſals;</hi></p><lb/><p>Der unerbittlichen Parzen <hirendition="#fr">Lacheſis, Klotho</hi><lb/>
und <hirendition="#fr">Atropos;</hi></p><lb/></div></body></text></TEI>
[44/0066]
Die Nacht und das Fatum,
das
uͤber Goͤtter und Menſchen herrſcht.
Als Jupiter einſt auf den Gott des Schlafs er-
zuͤrnt war, ſo huͤllte dieſen die Nacht in ihren
Mantel, und Jupiter hielt ſeinen Zorn zuruͤck,
denn er fuͤrchtete ſich, die ſchnelle Nacht zu
betruͤben.
Es giebt alſo etwas, wovor die Goͤtter ſelber
Scheu tragen. Es iſt das naͤchtliche geheimniß-
volle Dunkel, worin ſich noch etwas uͤber Goͤtter
und Menſchen Obwaltendes verhuͤllt, das die Be-
griffe der Sterblichen uͤberſteigt.
Die Nacht verbirgt, verhuͤllt; darum iſt ſie
die Mutter alles Schoͤnen, ſo wie alles Furcht-
baren.
Aus ihrem Schooße wird des Tages Glanz
gebohren, worin alle Bildungen ſich entfalten.
Und ſie iſt auch die Mutter:
Des in Dunkel gehuͤllten Schickſals;
Der unerbittlichen Parzen Lacheſis, Klotho
und Atropos;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/66>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.