so schwur er dennoch des Freundes Tod zu rächen, gleichviel, was ihn für ein Schicksal treffen möge! Als Thetis ihn fest entschlossen sahe, suchte sie ihn die übrigen kurzen Tage zu trösten und aufzuhei- tern; versprach und brachte ihm eine kostbare Waffenrüstung vom Vulkan geschmiedet, womit Achill ins Treffen ging, nachdem sich Agamemnon wieder mit ihm versöhnt, und ihm die Briseis unberührt zurückgegeben hatte.
Nun eilte auch der Zeitpunkt heran, wo Hektor fallen, sein alter Vater Priamus und seine Mut- ter Hekuba um ihn jammern, und seine Gattin Andromache mit lauter Wehklage ihn betrauren sollte. -- Das Heer der Trojaner flüchtete in die Stadt; Hektor blieb allein zurück, um mit dem Achill den Kampf im Felde zu bestehen; als dieser ihm aber nahe kam, und die göttliche Waffenrü- stung dem Hektor in die Augen blitzte, ergriff ihn plötzliches Schrecken; -- er nahm die Flucht, und dreimal jagte Achill ihn um die Mauern von Troja; so lange hatte Apoll dem Hektor sein Knie gestärkt; als zum viertenmale der Lauf begann, nahm Ju- piter die Wagschale in die Hand, und legte zwei todbringende Loose darauf, das eine des Hektors, das andre des Achilles, und Hektors Schale sank bis zum Orkus nieder. -- Da verließ ihn Apollo.
Die beiden Helden fochten; Hektor fiel; und Achilles band ihn mit den Füßen an seinen Wagen,
ſo ſchwur er dennoch des Freundes Tod zu raͤchen, gleichviel, was ihn fuͤr ein Schickſal treffen moͤge! Als Thetis ihn feſt entſchloſſen ſahe, ſuchte ſie ihn die uͤbrigen kurzen Tage zu troͤſten und aufzuhei- tern; verſprach und brachte ihm eine koſtbare Waffenruͤſtung vom Vulkan geſchmiedet, womit Achill ins Treffen ging, nachdem ſich Agamemnon wieder mit ihm verſoͤhnt, und ihm die Briſeis unberuͤhrt zuruͤckgegeben hatte.
Nun eilte auch der Zeitpunkt heran, wo Hektor fallen, ſein alter Vater Priamus und ſeine Mut- ter Hekuba um ihn jammern, und ſeine Gattin Andromache mit lauter Wehklage ihn betrauren ſollte. — Das Heer der Trojaner fluͤchtete in die Stadt; Hektor blieb allein zuruͤck, um mit dem Achill den Kampf im Felde zu beſtehen; als dieſer ihm aber nahe kam, und die goͤttliche Waffenruͤ- ſtung dem Hektor in die Augen blitzte, ergriff ihn ploͤtzliches Schrecken; — er nahm die Flucht, und dreimal jagte Achill ihn um die Mauern von Troja; ſo lange hatte Apoll dem Hektor ſein Knie geſtaͤrkt; als zum viertenmale der Lauf begann, nahm Ju- piter die Wagſchale in die Hand, und legte zwei todbringende Looſe darauf, das eine des Hektors, das andre des Achilles, und Hektors Schale ſank bis zum Orkus nieder. — Da verließ ihn Apollo.
Die beiden Helden fochten; Hektor fiel; und Achilles band ihn mit den Fuͤßen an ſeinen Wagen,
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ſo ſchwur er dennoch des Freundes Tod zu raͤchen,
gleichviel, was ihn fuͤr ein Schickſal treffen moͤge!
Als Thetis ihn feſt entſchloſſen ſahe, ſuchte ſie ihn
die uͤbrigen kurzen Tage zu troͤſten und aufzuhei-
tern; verſprach und brachte ihm eine koſtbare
Waffenruͤſtung vom Vulkan geſchmiedet, womit
Achill ins Treffen ging, nachdem ſich Agamemnon
wieder mit ihm verſoͤhnt, und ihm die Briſeis
unberuͤhrt zuruͤckgegeben hatte.
Nun eilte auch der Zeitpunkt heran, wo Hektor
fallen, ſein alter Vater Priamus und ſeine Mut-
ter Hekuba um ihn jammern, und ſeine Gattin
Andromache mit lauter Wehklage ihn betrauren
ſollte. — Das Heer der Trojaner fluͤchtete in die
Stadt; Hektor blieb allein zuruͤck, um mit dem
Achill den Kampf im Felde zu beſtehen; als dieſer
ihm aber nahe kam, und die goͤttliche Waffenruͤ-
ſtung dem Hektor in die Augen blitzte, ergriff ihn
ploͤtzliches Schrecken; — er nahm die Flucht, und
dreimal jagte Achill ihn um die Mauern von Troja;
ſo lange hatte Apoll dem Hektor ſein Knie geſtaͤrkt;
als zum viertenmale der Lauf begann, nahm Ju-
piter die Wagſchale in die Hand, und legte zwei
todbringende Looſe darauf, das eine des Hektors,
das andre des Achilles, und Hektors Schale ſank
bis zum Orkus nieder. — Da verließ ihn Apollo.
Die beiden Helden fochten; Hektor fiel; und
Achilles band ihn mit den Fuͤßen an ſeinen Wagen,
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/449>, abgerufen am 24.11.2024.
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