in der Hand, stieg er nun muthig mit seinen Ge- fährten in die unterirrdische Wölbung nieder, bis er selbst an den Aufenthalt des Minotaurus kam, mit dem er sich in Kampf einließ, und ihn mit Hülfe der Rathschläge Ariadnens überwand.
Da nun dieß Ungeheuer erlegt war, so wa- ren die Athenienser auch von dem Tribut befreit, und ihre zum Tode bestimmten Söhne und Töch- ter dankten dem Theseus nun ihr Leben. So stellt ein Gemählde im Herkulanum den Helden dar, wie zarte Knaben, die dem Tode geweiht waren, die Händ' ihm küssen, und zärtlich seine Knie umschlingen.
Ariadne entfloh mit ihrem geliebten The- seus; -- sie landeten auf Naxos, wo Theseus auf den Befehl der Götter sie verließ, weil Ariad- nens Reitze den Bachus selber gefesselt hatten, der hier die einsame verlaßne Schöne unter nächtli- chem Himmel schlummernd fand, und da sie er- wachte, zum Zeichen seiner Gottheit die Krone von ihrem Haupte gen Himmel warf, wo sie als ein leuchtendes Sternbild glänzte, und Zeuge der Vermählung der Ariadne und des Bachus war.
Ehe nun Theseus nach Athen zurückkehrte, seegelte er, um dem Apollo sein Gelübde zu bezah- len, näch der Insel Delos, wo er zugleich der Venus, wegen des Beistandes, den sie ihm ge- leistet, eine vom Dädalus verfertigte Bildsäule
in der Hand, ſtieg er nun muthig mit ſeinen Ge- faͤhrten in die unterirrdiſche Woͤlbung nieder, bis er ſelbſt an den Aufenthalt des Minotaurus kam, mit dem er ſich in Kampf einließ, und ihn mit Huͤlfe der Rathſchlaͤge Ariadnens uͤberwand.
Da nun dieß Ungeheuer erlegt war, ſo wa- ren die Athenienſer auch von dem Tribut befreit, und ihre zum Tode beſtimmten Soͤhne und Toͤch- ter dankten dem Theſeus nun ihr Leben. So ſtellt ein Gemaͤhlde im Herkulanum den Helden dar, wie zarte Knaben, die dem Tode geweiht waren, die Haͤnd’ ihm kuͤſſen, und zaͤrtlich ſeine Knie umſchlingen.
Ariadne entfloh mit ihrem geliebten The- ſeus; — ſie landeten auf Naxos, wo Theſeus auf den Befehl der Goͤtter ſie verließ, weil Ariad- nens Reitze den Bachus ſelber gefeſſelt hatten, der hier die einſame verlaßne Schoͤne unter naͤchtli- chem Himmel ſchlummernd fand, und da ſie er- wachte, zum Zeichen ſeiner Gottheit die Krone von ihrem Haupte gen Himmel warf, wo ſie als ein leuchtendes Sternbild glaͤnzte, und Zeuge der Vermaͤhlung der Ariadne und des Bachus war.
Ehe nun Theſeus nach Athen zuruͤckkehrte, ſeegelte er, um dem Apollo ſein Geluͤbde zu bezah- len, naͤch der Inſel Delos, wo er zugleich der Venus, wegen des Beiſtandes, den ſie ihm ge- leiſtet, eine vom Daͤdalus verfertigte Bildſaͤule
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in der Hand, ſtieg er nun muthig mit ſeinen Ge-
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er ſelbſt an den Aufenthalt des Minotaurus kam,
mit dem er ſich in Kampf einließ, und ihn mit
Huͤlfe der Rathſchlaͤge Ariadnens uͤberwand.
Da nun dieß Ungeheuer erlegt war, ſo wa-
ren die Athenienſer auch von dem Tribut befreit,
und ihre zum Tode beſtimmten Soͤhne und Toͤch-
ter dankten dem Theſeus nun ihr Leben. So
ſtellt ein Gemaͤhlde im Herkulanum den Helden
dar, wie zarte Knaben, die dem Tode geweiht
waren, die Haͤnd’ ihm kuͤſſen, und zaͤrtlich ſeine
Knie umſchlingen.
Ariadne entfloh mit ihrem geliebten The-
ſeus; — ſie landeten auf Naxos, wo Theſeus
auf den Befehl der Goͤtter ſie verließ, weil Ariad-
nens Reitze den Bachus ſelber gefeſſelt hatten, der
hier die einſame verlaßne Schoͤne unter naͤchtli-
chem Himmel ſchlummernd fand, und da ſie er-
wachte, zum Zeichen ſeiner Gottheit die Krone
von ihrem Haupte gen Himmel warf, wo ſie als
ein leuchtendes Sternbild glaͤnzte, und Zeuge der
Vermaͤhlung der Ariadne und des Bachus war.
Ehe nun Theſeus nach Athen zuruͤckkehrte,
ſeegelte er, um dem Apollo ſein Geluͤbde zu bezah-
len, naͤch der Inſel Delos, wo er zugleich der
Venus, wegen des Beiſtandes, den ſie ihm ge-
leiſtet, eine vom Daͤdalus verfertigte Bildſaͤule
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/351>, abgerufen am 29.11.2024.
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