Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

chen nach Kreta schicken mußten, wo sie um den
Mord des Androgeus abzubüßen, als Schlacht-
opfer für ihr Vaterland, dem Minotaurus zur
Beute wurden.

Als Theseus endlich den Minotaurus erlegte,
und mit der Ariadne, des Minos Tochter ent-
flohe, schloß Minos, da er sich weiter nicht rächen
konnte, den Athenienser Dädalus, nebst seinem
Sohn Ikarus, in das von dem Künstler selbst
erbaute Labyrinth. -- Dem Dädalus aber bot die
Kunst ein Mittel dar, mit seinem Sohn dem
Kerker zu entfliehn.

Kokalus, ein Fürst in Sicilien, nahm den
Dädalus auf; und lud den Minos, welcher kam,
und die Ausliefrung des Dädalus verlangte, selbst
zu einer Unterredung ein, stellte sich freundlich
gegen ihn, und bewirthete ihn in seinem Hause,
wo er hinterlistiger Weise ihn zuletzt im Bade er-
stickte. -- So fand Minos, der tapfre Krieger,
da er den Künstler verfolgte, den die Götter
schützten, in einem fremden Lande seinen Tod.

Dädalus.

In dem der Minerva geweihten Athen ent-
wickelten sich zuerst die bildenden Künste, und hatten
unter den Beschäftigungen der Menschen einen ho-
hen Rang. -- Dädalus, der aus dem königlichen

chen nach Kreta ſchicken mußten, wo ſie um den
Mord des Androgeus abzubuͤßen, als Schlacht-
opfer fuͤr ihr Vaterland, dem Minotaurus zur
Beute wurden.

Als Theſeus endlich den Minotaurus erlegte,
und mit der Ariadne, des Minos Tochter ent-
flohe, ſchloß Minos, da er ſich weiter nicht raͤchen
konnte, den Athenienſer Daͤdalus, nebſt ſeinem
Sohn Ikarus, in das von dem Kuͤnſtler ſelbſt
erbaute Labyrinth. — Dem Daͤdalus aber bot die
Kunſt ein Mittel dar, mit ſeinem Sohn dem
Kerker zu entfliehn.

Kokalus, ein Fuͤrſt in Sicilien, nahm den
Daͤdalus auf; und lud den Minos, welcher kam,
und die Ausliefrung des Daͤdalus verlangte, ſelbſt
zu einer Unterredung ein, ſtellte ſich freundlich
gegen ihn, und bewirthete ihn in ſeinem Hauſe,
wo er hinterliſtiger Weiſe ihn zuletzt im Bade er-
ſtickte. — So fand Minos, der tapfre Krieger,
da er den Kuͤnſtler verfolgte, den die Goͤtter
ſchuͤtzten, in einem fremden Lande ſeinen Tod.

Daͤdalus.

In dem der Minerva geweihten Athen ent-
wickelten ſich zuerſt die bildenden Kuͤnſte, und hatten
unter den Beſchaͤftigungen der Menſchen einen ho-
hen Rang. — Daͤdalus, der aus dem koͤniglichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0339" n="283"/>
chen nach Kreta &#x017F;chicken mußten, wo &#x017F;ie um den<lb/>
Mord des <hi rendition="#fr">Androgeus</hi> abzubu&#x0364;ßen, als Schlacht-<lb/>
opfer fu&#x0364;r ihr Vaterland, dem Minotaurus zur<lb/>
Beute wurden.</p><lb/>
          <p>Als The&#x017F;eus endlich den Minotaurus erlegte,<lb/>
und mit der <hi rendition="#fr">Ariadne,</hi> des Minos Tochter ent-<lb/>
flohe, &#x017F;chloß Minos, da er &#x017F;ich weiter nicht ra&#x0364;chen<lb/>
konnte, den Athenien&#x017F;er <hi rendition="#fr">Da&#x0364;dalus,</hi> neb&#x017F;t &#x017F;einem<lb/>
Sohn <hi rendition="#fr">Ikarus,</hi> in das von dem Ku&#x0364;n&#x017F;tler &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
erbaute Labyrinth. &#x2014; Dem Da&#x0364;dalus aber bot die<lb/>
Kun&#x017F;t ein Mittel dar, mit &#x017F;einem Sohn dem<lb/>
Kerker zu entfliehn.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Kokalus,</hi> ein Fu&#x0364;r&#x017F;t in Sicilien, nahm den<lb/>
Da&#x0364;dalus auf; und lud den Minos, welcher kam,<lb/>
und die Ausliefrung des Da&#x0364;dalus verlangte, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zu einer Unterredung ein, &#x017F;tellte &#x017F;ich freundlich<lb/>
gegen ihn, und bewirthete ihn in &#x017F;einem Hau&#x017F;e,<lb/>
wo er hinterli&#x017F;tiger Wei&#x017F;e ihn zuletzt im Bade er-<lb/>
&#x017F;tickte. &#x2014; So fand Minos, der tapfre Krieger,<lb/>
da er den <hi rendition="#fr">Ku&#x0364;n&#x017F;tler</hi> verfolgte, den die Go&#x0364;tter<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tzten, in einem fremden Lande &#x017F;einen Tod.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Da&#x0364;dalus</hi>.</hi> </head><lb/>
          <p>In dem der Minerva geweihten Athen ent-<lb/>
wickelten &#x017F;ich zuer&#x017F;t die bildenden Ku&#x0364;n&#x017F;te, und hatten<lb/>
unter den Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen der Men&#x017F;chen einen ho-<lb/>
hen Rang. &#x2014; Da&#x0364;dalus, der aus dem ko&#x0364;niglichen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0339] chen nach Kreta ſchicken mußten, wo ſie um den Mord des Androgeus abzubuͤßen, als Schlacht- opfer fuͤr ihr Vaterland, dem Minotaurus zur Beute wurden. Als Theſeus endlich den Minotaurus erlegte, und mit der Ariadne, des Minos Tochter ent- flohe, ſchloß Minos, da er ſich weiter nicht raͤchen konnte, den Athenienſer Daͤdalus, nebſt ſeinem Sohn Ikarus, in das von dem Kuͤnſtler ſelbſt erbaute Labyrinth. — Dem Daͤdalus aber bot die Kunſt ein Mittel dar, mit ſeinem Sohn dem Kerker zu entfliehn. Kokalus, ein Fuͤrſt in Sicilien, nahm den Daͤdalus auf; und lud den Minos, welcher kam, und die Ausliefrung des Daͤdalus verlangte, ſelbſt zu einer Unterredung ein, ſtellte ſich freundlich gegen ihn, und bewirthete ihn in ſeinem Hauſe, wo er hinterliſtiger Weiſe ihn zuletzt im Bade er- ſtickte. — So fand Minos, der tapfre Krieger, da er den Kuͤnſtler verfolgte, den die Goͤtter ſchuͤtzten, in einem fremden Lande ſeinen Tod. Daͤdalus. In dem der Minerva geweihten Athen ent- wickelten ſich zuerſt die bildenden Kuͤnſte, und hatten unter den Beſchaͤftigungen der Menſchen einen ho- hen Rang. — Daͤdalus, der aus dem koͤniglichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/339
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/339>, abgerufen am 28.11.2024.