Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0119" n="119"/><lb/> nur gedraͤngt gedacht, um nicht durch Wiederhohlungen der Fragen, auf welche die Antworten ausblieben, oder wo ich vermuthete, daß er mich nicht verstanden haben moͤchte, den Leser zu ermuͤden. Jch entließ ihn jetzt immer in kuͤrzerer Zeit, um ihn durch die Anstrengung seiner Geisteskraͤfte, die ich an ihm zu bemerken glaubte, nicht zu sehr zu ermuͤden, und eine Abneigung gegen meine Fragen zu erwecken. Jch fuhr mit jedem Tage in aͤhnlichen Fragen und Antworten fort, und suchte nun, da ich bemerkte, daß es ihm auf meiner Stube gefiel und auch auf seiner Krankenstube ein Verlangen nach mir geaͤußert, ein gewisses Zutrauen zu mir einzufloͤßen. So oft ich daran dachte, fragte ich ihn daher: koͤmmst Du gern zu mir, worauf er sich anfaͤnglich in meiner Stube umsah, und es bejahete, und nachmals dann mir selbst versicherte: Es gefaͤllt mir außerordentlich bei Jhnen, ich wollte wohl bei Jhnen seyn. Eben so wiederholte ich an ihn die Fragen: ob er wohl einsehe, daß es gut fuͤr ihn sey, und ich es gut mit ihm meine, daß ich ihn zu mir kommen ließ und mich mit ihm unterredete, welches er eingestand. Kurz, ich erreichte, was ich wuͤnschte. Das Zutrauen vergroͤßerte sich, so daß er auf seiner Stube mich nach seiner Art zu loben anfing. Sobald ich das bei ihm bemerkte, fing ich nach mehrern Gespraͤchen und verschiedenen Uebungen seines Gedaͤchtnisses dadurch, daß ich mir von ihm einige Winke aus seinem fruͤhern Leben geben ließ, an<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0119]
nur gedraͤngt gedacht, um nicht durch Wiederhohlungen der Fragen, auf welche die Antworten ausblieben, oder wo ich vermuthete, daß er mich nicht verstanden haben moͤchte, den Leser zu ermuͤden. Jch entließ ihn jetzt immer in kuͤrzerer Zeit, um ihn durch die Anstrengung seiner Geisteskraͤfte, die ich an ihm zu bemerken glaubte, nicht zu sehr zu ermuͤden, und eine Abneigung gegen meine Fragen zu erwecken. Jch fuhr mit jedem Tage in aͤhnlichen Fragen und Antworten fort, und suchte nun, da ich bemerkte, daß es ihm auf meiner Stube gefiel und auch auf seiner Krankenstube ein Verlangen nach mir geaͤußert, ein gewisses Zutrauen zu mir einzufloͤßen. So oft ich daran dachte, fragte ich ihn daher: koͤmmst Du gern zu mir, worauf er sich anfaͤnglich in meiner Stube umsah, und es bejahete, und nachmals dann mir selbst versicherte: Es gefaͤllt mir außerordentlich bei Jhnen, ich wollte wohl bei Jhnen seyn. Eben so wiederholte ich an ihn die Fragen: ob er wohl einsehe, daß es gut fuͤr ihn sey, und ich es gut mit ihm meine, daß ich ihn zu mir kommen ließ und mich mit ihm unterredete, welches er eingestand. Kurz, ich erreichte, was ich wuͤnschte. Das Zutrauen vergroͤßerte sich, so daß er auf seiner Stube mich nach seiner Art zu loben anfing. Sobald ich das bei ihm bemerkte, fing ich nach mehrern Gespraͤchen und verschiedenen Uebungen seines Gedaͤchtnisses dadurch, daß ich mir von ihm einige Winke aus seinem fruͤhern Leben geben ließ, an
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