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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

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Theanthis kam bald glücklich aus dem lang bedienten großen Hause in ihre Heimath zurücke, zu allseitiger Zufriedenheit. Da war sie nun ganz eifrig in ordentlicher Beobachtung der ganzen Haushaltung, und besonders in braver Besorgung der Küche, deren Mühe sie der Mutter abnahm, und diese konnte nun mehr den Erfordernissen der Posamentfabrik, einigen simpeln Vorarbeiten dazu, und dem Handel damit abwarten und helfen, wozu sie geschickter war als zum Haushalten, daher hatte sie denn nun mehreres Vergnügen in ihrer füglich verbesserten Lage, auch mehr muntre Gesundheit zu genießen. Theanthis setzte nun frisch und frei ihren Lauf fort in hurtiger, fertiger und ordentlicher Arbeit, in Besorgung des Hauses und der jüngern Geschwister zu ihrer bessern Ordnung. Vom frühen Morgen an versah sie alles bis tief in die Nacht, da sie oft bis um eilf und zwölf Uhr des Nachts zu schaffen hatte, doch richtete sie alles immer fertiger unter dem Posamentirgetümmel so gut ein, daß sie endlich manchmal um zehn Uhr Nachts nach allen andern ruhig zu Bette gehen konnte.

Neben ihrer Arbeit, und all dem rauschenden Getümmel der andern, fieng sie nun einen neuen Lauf im Geist an, von dem vorigen weit verschieden. Bisher hatte sie in der kleinen und kargen Zeit, die ihr zu einsamer Andacht übrig war, wiewohl ihr einfache stille Arbeit auch zur Herzensandacht diente, sich discursiver Beobachtungen bedient, frommer


Theanthis kam bald gluͤcklich aus dem lang bedienten großen Hause in ihre Heimath zuruͤcke, zu allseitiger Zufriedenheit. Da war sie nun ganz eifrig in ordentlicher Beobachtung der ganzen Haushaltung, und besonders in braver Besorgung der Kuͤche, deren Muͤhe sie der Mutter abnahm, und diese konnte nun mehr den Erfordernissen der Posamentfabrik, einigen simpeln Vorarbeiten dazu, und dem Handel damit abwarten und helfen, wozu sie geschickter war als zum Haushalten, daher hatte sie denn nun mehreres Vergnuͤgen in ihrer fuͤglich verbesserten Lage, auch mehr muntre Gesundheit zu genießen. Theanthis setzte nun frisch und frei ihren Lauf fort in hurtiger, fertiger und ordentlicher Arbeit, in Besorgung des Hauses und der juͤngern Geschwister zu ihrer bessern Ordnung. Vom fruͤhen Morgen an versah sie alles bis tief in die Nacht, da sie oft bis um eilf und zwoͤlf Uhr des Nachts zu schaffen hatte, doch richtete sie alles immer fertiger unter dem Posamentirgetuͤmmel so gut ein, daß sie endlich manchmal um zehn Uhr Nachts nach allen andern ruhig zu Bette gehen konnte.

Neben ihrer Arbeit, und all dem rauschenden Getuͤmmel der andern, fieng sie nun einen neuen Lauf im Geist an, von dem vorigen weit verschieden. Bisher hatte sie in der kleinen und kargen Zeit, die ihr zu einsamer Andacht uͤbrig war, wiewohl ihr einfache stille Arbeit auch zur Herzensandacht diente, sich discursiver Beobachtungen bedient, frommer

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[98/0098] Theanthis kam bald gluͤcklich aus dem lang bedienten großen Hause in ihre Heimath zuruͤcke, zu allseitiger Zufriedenheit. Da war sie nun ganz eifrig in ordentlicher Beobachtung der ganzen Haushaltung, und besonders in braver Besorgung der Kuͤche, deren Muͤhe sie der Mutter abnahm, und diese konnte nun mehr den Erfordernissen der Posamentfabrik, einigen simpeln Vorarbeiten dazu, und dem Handel damit abwarten und helfen, wozu sie geschickter war als zum Haushalten, daher hatte sie denn nun mehreres Vergnuͤgen in ihrer fuͤglich verbesserten Lage, auch mehr muntre Gesundheit zu genießen. Theanthis setzte nun frisch und frei ihren Lauf fort in hurtiger, fertiger und ordentlicher Arbeit, in Besorgung des Hauses und der juͤngern Geschwister zu ihrer bessern Ordnung. Vom fruͤhen Morgen an versah sie alles bis tief in die Nacht, da sie oft bis um eilf und zwoͤlf Uhr des Nachts zu schaffen hatte, doch richtete sie alles immer fertiger unter dem Posamentirgetuͤmmel so gut ein, daß sie endlich manchmal um zehn Uhr Nachts nach allen andern ruhig zu Bette gehen konnte. Neben ihrer Arbeit, und all dem rauschenden Getuͤmmel der andern, fieng sie nun einen neuen Lauf im Geist an, von dem vorigen weit verschieden. Bisher hatte sie in der kleinen und kargen Zeit, die ihr zu einsamer Andacht uͤbrig war, wiewohl ihr einfache stille Arbeit auch zur Herzensandacht diente, sich discursiver Beobachtungen bedient, frommer

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/98>, abgerufen am 13.05.2024.