Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.
Der Verfasser kann nicht leiden, daß die Philosophen gemeiniglich Gefühle, Verstand und Willen für ganz heterogene Seelenvermögen halten, da die letztern doch nichts anders, als Resultate einer vollständigen Vergleichung der Gefühle sind.
Der Verfasser kann nicht leiden, daß die Philosophen gemeiniglich Gefuͤhle, Verstand und Willen fuͤr ganz heterogene Seelenvermoͤgen halten, da die letztern doch nichts anders, als Resultate einer vollstaͤndigen Vergleichung der Gefuͤhle sind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0093" n="91"/><lb/> und versichere den Leser, daß ihn die Muͤhe nicht gereuen wird, diese Originalschrift selbst mit Aufmerksamkeit durchzulesen. Des Verfassers Hauptgrundsatz ist dieser: Die menschliche Vollkommenheit und folglich auch Gluͤckseeligkeit, besteht in einer <hi rendition="#b">gleichmaͤßigen Ausuͤbung aller Seelenkraͤfte zugleich.</hi> Der Verstand (praktische) ist ihm zufolge <hi rendition="#b">das den Willen bestimmende Resultat, welches aus Zusammennehmung und Vergleichung aller moͤglichen Gefuͤhle entspringt.</hi> Eine Untugend, Suͤnde oder wie man es sonst nennen will, bestehet in der Weglassung irgend eines Gefuͤhls aus dieser Vergleichung, das heißt, in der Unvollstaͤndigkeit derselben. Der Verfasser sagt: (S. 17.) »Alles was wir Angewohnheit nennen, kommt darauf zuruͤck, daß man zuerst eine Nullitaͤt in einer Genuͤgsnehmung begieng (dieses heißt, in meine Sprache uͤbersetzt: daß man bei Vergleichung der den Willen bestimmenden Gefuͤhle etwas weggelassen hat), und sich vor Wiederholung derselben nicht in Acht zu nehmen wußte; da ward Beluͤstung daraus, Fertigkeit, Gewohnheit, gleichsam andere Natur.«</p> <p>Der Verfasser kann nicht leiden, daß die Philosophen gemeiniglich Gefuͤhle, Verstand und Willen fuͤr ganz heterogene Seelenvermoͤgen halten, da die letztern doch nichts anders, als Resultate einer vollstaͤndigen Vergleichung der Gefuͤhle sind.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0093]
und versichere den Leser, daß ihn die Muͤhe nicht gereuen wird, diese Originalschrift selbst mit Aufmerksamkeit durchzulesen. Des Verfassers Hauptgrundsatz ist dieser: Die menschliche Vollkommenheit und folglich auch Gluͤckseeligkeit, besteht in einer gleichmaͤßigen Ausuͤbung aller Seelenkraͤfte zugleich. Der Verstand (praktische) ist ihm zufolge das den Willen bestimmende Resultat, welches aus Zusammennehmung und Vergleichung aller moͤglichen Gefuͤhle entspringt. Eine Untugend, Suͤnde oder wie man es sonst nennen will, bestehet in der Weglassung irgend eines Gefuͤhls aus dieser Vergleichung, das heißt, in der Unvollstaͤndigkeit derselben. Der Verfasser sagt: (S. 17.) »Alles was wir Angewohnheit nennen, kommt darauf zuruͤck, daß man zuerst eine Nullitaͤt in einer Genuͤgsnehmung begieng (dieses heißt, in meine Sprache uͤbersetzt: daß man bei Vergleichung der den Willen bestimmenden Gefuͤhle etwas weggelassen hat), und sich vor Wiederholung derselben nicht in Acht zu nehmen wußte; da ward Beluͤstung daraus, Fertigkeit, Gewohnheit, gleichsam andere Natur.«
Der Verfasser kann nicht leiden, daß die Philosophen gemeiniglich Gefuͤhle, Verstand und Willen fuͤr ganz heterogene Seelenvermoͤgen halten, da die letztern doch nichts anders, als Resultate einer vollstaͤndigen Vergleichung der Gefuͤhle sind.
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