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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.

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unabhängig im Traume wie im Wachen würkt) gänzlich verdunkelt.

Jm wachenden Zustande würkt das Associationsvermögen mehrentheils nach irgend einem Zwecke. Jm Traume hingegen durchkreutzen sich alle Associationsarten. Die gemeinen gesellschaftlichen Unterhaltungen, ja sogar die ernsthaftesten Geschäfte mancher Personen sind hierin dem Traume ähnlich. Zum Beispiel eines solchen wachenden Traums, kann folgende Stelle aus Shakespeare dienen!

"Die Wirthin: Zum Henker, dich selbst und dein Geld noch dazu! wenn du ein ehrlicher Mann wärest! Du schwurst mir auf einen vergoldeten Becher, da du in meiner Kammer am runden Tisch, neben dem Kohlfeuer saßest; es war am Mittwoche in der Pfingstwoche, da dir der Prinz ein Loch in den Kopf schlug, weil du ihn mit einem Sänger vom Windsor verglichst, du schwurst mir da, indem ich deine Wunde wusch, daß du mich heirathen, und zur Madam, zu deiner Frau machen wolltest, kannst du das leugnen? Kam nicht Mutter Keech, des Schlächters Frau, herein, und nannte mich Gevatterin Cherkly? Sie kam und borgte Essig, und sagte, daß sie eine gute Schüssel mit kleinen Fischen hätte, und wolltest gern einige davon essen, und ich sagte, daß sie für eine frische Wunde nichts taugten. Und sagtest du mir nicht, da sie die Treppe herunter war, daß ich mich nicht


unabhaͤngig im Traume wie im Wachen wuͤrkt) gaͤnzlich verdunkelt.

Jm wachenden Zustande wuͤrkt das Associationsvermoͤgen mehrentheils nach irgend einem Zwecke. Jm Traume hingegen durchkreutzen sich alle Associationsarten. Die gemeinen gesellschaftlichen Unterhaltungen, ja sogar die ernsthaftesten Geschaͤfte mancher Personen sind hierin dem Traume aͤhnlich. Zum Beispiel eines solchen wachenden Traums, kann folgende Stelle aus Shakespeare dienen!

»Die Wirthin: Zum Henker, dich selbst und dein Geld noch dazu! wenn du ein ehrlicher Mann waͤrest! Du schwurst mir auf einen vergoldeten Becher, da du in meiner Kammer am runden Tisch, neben dem Kohlfeuer saßest; es war am Mittwoche in der Pfingstwoche, da dir der Prinz ein Loch in den Kopf schlug, weil du ihn mit einem Saͤnger vom Windsor verglichst, du schwurst mir da, indem ich deine Wunde wusch, daß du mich heirathen, und zur Madam, zu deiner Frau machen wolltest, kannst du das leugnen? Kam nicht Mutter Keech, des Schlaͤchters Frau, herein, und nannte mich Gevatterin Cherkly? Sie kam und borgte Essig, und sagte, daß sie eine gute Schuͤssel mit kleinen Fischen haͤtte, und wolltest gern einige davon essen, und ich sagte, daß sie fuͤr eine frische Wunde nichts taugten. Und sagtest du mir nicht, da sie die Treppe herunter war, daß ich mich nicht

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[72/0074] unabhaͤngig im Traume wie im Wachen wuͤrkt) gaͤnzlich verdunkelt. Jm wachenden Zustande wuͤrkt das Associationsvermoͤgen mehrentheils nach irgend einem Zwecke. Jm Traume hingegen durchkreutzen sich alle Associationsarten. Die gemeinen gesellschaftlichen Unterhaltungen, ja sogar die ernsthaftesten Geschaͤfte mancher Personen sind hierin dem Traume aͤhnlich. Zum Beispiel eines solchen wachenden Traums, kann folgende Stelle aus Shakespeare dienen! »Die Wirthin: Zum Henker, dich selbst und dein Geld noch dazu! wenn du ein ehrlicher Mann waͤrest! Du schwurst mir auf einen vergoldeten Becher, da du in meiner Kammer am runden Tisch, neben dem Kohlfeuer saßest; es war am Mittwoche in der Pfingstwoche, da dir der Prinz ein Loch in den Kopf schlug, weil du ihn mit einem Saͤnger vom Windsor verglichst, du schwurst mir da, indem ich deine Wunde wusch, daß du mich heirathen, und zur Madam, zu deiner Frau machen wolltest, kannst du das leugnen? Kam nicht Mutter Keech, des Schlaͤchters Frau, herein, und nannte mich Gevatterin Cherkly? Sie kam und borgte Essig, und sagte, daß sie eine gute Schuͤssel mit kleinen Fischen haͤtte, und wolltest gern einige davon essen, und ich sagte, daß sie fuͤr eine frische Wunde nichts taugten. Und sagtest du mir nicht, da sie die Treppe herunter war, daß ich mich nicht

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/74>, abgerufen am 28.04.2024.