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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.

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und ist vorzüglich bemerkenswerth. Schon öfters hatte man sich zwar bemüht, ihm zu zeigen, daß ein Wesen im Himmel sey, welches alles erschaffen und noch die ganze Welt regierte; allein alle Bemühungen hierin schienen fruchtlos zu seyn. Endlich kam eine Naturbegebenheit seinen Lehrern zu Hülfe, und ein Blitz, der vor seinen Augen in eine seiner Wohnung gegenüber gelegenen Scheune einschlug, überzeugte ihn auf einmal von dem Daseyn eines Gottes, der im Himmel wohne." (Ungefähr wie die meisten rohen Völker durch dergleichen Naturbegebenheiten wohl zuerst auf den anfangs freilich noch sehr armseligen Begriff von einer Gottheit gekommen seyn mögen.)

"Kaum hatte er sich von seinem Schrecken etwas erholt, als er zu dem Herrn Wallroth eilte, und ihm das, was er gesehen, erzählte, und wie er nun auf einmal glaubte, daß ein großer, dicker Mann im Himmel sey, (denn so bildete er Gott ab, indem er die Backen und den Bauch aufbließ, und die Hand so hoch hielt, als er nur konnte, um dadurch seine Größe zu bezeichnen.) So oft er seit dieser Zeit Gewitterwolken am Himmel erblickte, fürchtete er sich außerordentlich, und bisweilen war ein schwarzes Wölkchen, das im Sommer am Himmel aufstieg, schon vermögend, ihn nach Hause zu treiben; denn so oft er ein Donnerwetter ahndete, floh er nach seiner Wohnung, und selbst Versprechungen waren nicht vermögend, auf


und ist vorzuͤglich bemerkenswerth. Schon oͤfters hatte man sich zwar bemuͤht, ihm zu zeigen, daß ein Wesen im Himmel sey, welches alles erschaffen und noch die ganze Welt regierte; allein alle Bemuͤhungen hierin schienen fruchtlos zu seyn. Endlich kam eine Naturbegebenheit seinen Lehrern zu Huͤlfe, und ein Blitz, der vor seinen Augen in eine seiner Wohnung gegenuͤber gelegenen Scheune einschlug, uͤberzeugte ihn auf einmal von dem Daseyn eines Gottes, der im Himmel wohne.« (Ungefaͤhr wie die meisten rohen Voͤlker durch dergleichen Naturbegebenheiten wohl zuerst auf den anfangs freilich noch sehr armseligen Begriff von einer Gottheit gekommen seyn moͤgen.)

»Kaum hatte er sich von seinem Schrecken etwas erholt, als er zu dem Herrn Wallroth eilte, und ihm das, was er gesehen, erzaͤhlte, und wie er nun auf einmal glaubte, daß ein großer, dicker Mann im Himmel sey, (denn so bildete er Gott ab, indem er die Backen und den Bauch aufbließ, und die Hand so hoch hielt, als er nur konnte, um dadurch seine Groͤße zu bezeichnen.) So oft er seit dieser Zeit Gewitterwolken am Himmel erblickte, fuͤrchtete er sich außerordentlich, und bisweilen war ein schwarzes Woͤlkchen, das im Sommer am Himmel aufstieg, schon vermoͤgend, ihn nach Hause zu treiben; denn so oft er ein Donnerwetter ahndete, floh er nach seiner Wohnung, und selbst Versprechungen waren nicht vermoͤgend, auf

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/5>, abgerufen am 22.11.2024.