Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
Vorzüglich merkwürdig scheint mir auch das Beispiel, welches H. ab Heers in seinen Observation. oppido raris angeführt hat. Jch kenne, sagt er, einen nunmehro bejahrten Mann von Kindesbeinen an, welcher im Schlafe wandelt, und außer andern solchen Leuten ganz gewöhnlichen Sachen ganz wunderbare Verrichtungen unternimmt und glücklich bewerkstelligt. Als er noch ziemlich jung war, und die Dichtkunst auf einer berühmten Universität lehrte und am Tage oft hin und her dachte, wie er die gemachten Verse noch ändern und ausbessern könnte, wollte ihm oft nichts einfallen. Hingegen zur Nachtzeit, wenn er schlief, stand er gemeiniglich auf, schloß seinen Schreibtisch auf, fing an zu schreiben, und las dasjenige, was er geschrieben hatte, mit lauter Stimme her. Endlich, wenn er aufhörte zu lesen, fing er an zu lachen, und freuete sich über seine glücklichen Einfälle; ja er ermahnte seinen Stubengesellen, daß er sich doch eben so vergnügt über seine verfertigten Gedichte bezeigen möchte. Wenn alles dieses vollbracht war, legte er seine Papiere in Ordnung, schloß den Schreibtisch zu, zog seinen Schlafrock und Pantoffeln aus, legte sich wiederum zu Bette und schlief so lange, bis er aufgeweckt
Vorzuͤglich merkwuͤrdig scheint mir auch das Beispiel, welches H. ab Heers in seinen Observation. oppido raris angefuͤhrt hat. Jch kenne, sagt er, einen nunmehro bejahrten Mann von Kindesbeinen an, welcher im Schlafe wandelt, und außer andern solchen Leuten ganz gewoͤhnlichen Sachen ganz wunderbare Verrichtungen unternimmt und gluͤcklich bewerkstelligt. Als er noch ziemlich jung war, und die Dichtkunst auf einer beruͤhmten Universitaͤt lehrte und am Tage oft hin und her dachte, wie er die gemachten Verse noch aͤndern und ausbessern koͤnnte, wollte ihm oft nichts einfallen. Hingegen zur Nachtzeit, wenn er schlief, stand er gemeiniglich auf, schloß seinen Schreibtisch auf, fing an zu schreiben, und las dasjenige, was er geschrieben hatte, mit lauter Stimme her. Endlich, wenn er aufhoͤrte zu lesen, fing er an zu lachen, und freuete sich uͤber seine gluͤcklichen Einfaͤlle; ja er ermahnte seinen Stubengesellen, daß er sich doch eben so vergnuͤgt uͤber seine verfertigten Gedichte bezeigen moͤchte. Wenn alles dieses vollbracht war, legte er seine Papiere in Ordnung, schloß den Schreibtisch zu, zog seinen Schlafrock und Pantoffeln aus, legte sich wiederum zu Bette und schlief so lange, bis er aufgeweckt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0119" n="117"/><lb/> der Laute eingeschlafen, und habe im Schlafe immer fortgespielt.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Vorzuͤglich merkwuͤrdig scheint mir auch das Beispiel, welches <hi rendition="#aq">H. ab Heers</hi> in seinen <hi rendition="#b">Observation. oppido raris</hi> angefuͤhrt hat. Jch kenne, sagt er, einen nunmehro bejahrten Mann von Kindesbeinen an, welcher im Schlafe wandelt, und außer andern solchen Leuten ganz gewoͤhnlichen Sachen ganz wunderbare Verrichtungen unternimmt und gluͤcklich bewerkstelligt. Als er noch ziemlich jung war, und die Dichtkunst auf einer beruͤhmten Universitaͤt lehrte und am Tage oft hin und her dachte, wie er die gemachten Verse noch aͤndern und ausbessern koͤnnte, wollte ihm oft nichts einfallen. Hingegen zur Nachtzeit, wenn er schlief, stand er gemeiniglich auf, schloß seinen Schreibtisch auf, fing an zu schreiben, und las dasjenige, was er geschrieben hatte, mit lauter Stimme her. Endlich, wenn er aufhoͤrte zu lesen, fing er an zu lachen, und freuete sich uͤber seine gluͤcklichen Einfaͤlle; ja er ermahnte seinen Stubengesellen, daß er sich doch eben so vergnuͤgt uͤber seine verfertigten Gedichte bezeigen moͤchte. Wenn alles dieses vollbracht war, legte er seine Papiere in Ordnung, schloß den Schreibtisch zu, zog seinen Schlafrock und Pantoffeln aus, legte sich wiederum zu Bette und schlief so lange, bis er aufgeweckt<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0119]
der Laute eingeschlafen, und habe im Schlafe immer fortgespielt.
Vorzuͤglich merkwuͤrdig scheint mir auch das Beispiel, welches H. ab Heers in seinen Observation. oppido raris angefuͤhrt hat. Jch kenne, sagt er, einen nunmehro bejahrten Mann von Kindesbeinen an, welcher im Schlafe wandelt, und außer andern solchen Leuten ganz gewoͤhnlichen Sachen ganz wunderbare Verrichtungen unternimmt und gluͤcklich bewerkstelligt. Als er noch ziemlich jung war, und die Dichtkunst auf einer beruͤhmten Universitaͤt lehrte und am Tage oft hin und her dachte, wie er die gemachten Verse noch aͤndern und ausbessern koͤnnte, wollte ihm oft nichts einfallen. Hingegen zur Nachtzeit, wenn er schlief, stand er gemeiniglich auf, schloß seinen Schreibtisch auf, fing an zu schreiben, und las dasjenige, was er geschrieben hatte, mit lauter Stimme her. Endlich, wenn er aufhoͤrte zu lesen, fing er an zu lachen, und freuete sich uͤber seine gluͤcklichen Einfaͤlle; ja er ermahnte seinen Stubengesellen, daß er sich doch eben so vergnuͤgt uͤber seine verfertigten Gedichte bezeigen moͤchte. Wenn alles dieses vollbracht war, legte er seine Papiere in Ordnung, schloß den Schreibtisch zu, zog seinen Schlafrock und Pantoffeln aus, legte sich wiederum zu Bette und schlief so lange, bis er aufgeweckt
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