Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
Plater erzählt in seinen Observat. Lib. I. pag. 12 von dem zu seiner Zeit sehr berühmten Buchdrucker, Johann Oporinus, folgendes. Als dieser sich einstmals mit meinem (Platers) Vater, welcher auch ein Buchdrucker war, auf der Reise befand, und wegen einbrechender Nacht unterwegs in einem schlechten Wirthshause einkehren mußten, fing an, damit sie die Nacht ohne Schlaf hinbringen möchten, ein griechisches Buch zu corrigiren. Oporinus schlief, indem er den Text vorlas, darüber ein, dennoch aber hörte er nicht auf fortzulesen. Als ihn endlich Platers Vater aufweckte, wußte er von allem, was er gelesen, nichts, ob er gleich im Schlafe eine ganze Seite gelesen hatte. Eben dasselbe habe ich auch an andern oft beobachtet, fährt Plater fort, und es ist mir selbst zuweilen begegnet, daß, wenn ich Abends zu Bette gegangen und in einem Buche gelesen, darüber aber eingeschlafen bin, ich dennoch nicht aufgehört habe zu lesen. Und wenn man mich nach einiger Zeit ermuntert, habe ich von alle dem, was ich gelesen, mir nicht das Geringste entsinnen können. Ja oft bin ich nach dem Abendessen bei
Plater erzaͤhlt in seinen Observat. Lib. I. pag. 12 von dem zu seiner Zeit sehr beruͤhmten Buchdrucker, Johann Oporinus, folgendes. Als dieser sich einstmals mit meinem (Platers) Vater, welcher auch ein Buchdrucker war, auf der Reise befand, und wegen einbrechender Nacht unterwegs in einem schlechten Wirthshause einkehren mußten, fing an, damit sie die Nacht ohne Schlaf hinbringen moͤchten, ein griechisches Buch zu corrigiren. Oporinus schlief, indem er den Text vorlas, daruͤber ein, dennoch aber hoͤrte er nicht auf fortzulesen. Als ihn endlich Platers Vater aufweckte, wußte er von allem, was er gelesen, nichts, ob er gleich im Schlafe eine ganze Seite gelesen hatte. Eben dasselbe habe ich auch an andern oft beobachtet, faͤhrt Plater fort, und es ist mir selbst zuweilen begegnet, daß, wenn ich Abends zu Bette gegangen und in einem Buche gelesen, daruͤber aber eingeschlafen bin, ich dennoch nicht aufgehoͤrt habe zu lesen. Und wenn man mich nach einiger Zeit ermuntert, habe ich von alle dem, was ich gelesen, mir nicht das Geringste entsinnen koͤnnen. Ja oft bin ich nach dem Abendessen bei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0118" n="116"/><lb/> sein Nachtwandeln fortgesetzt haben, wenn ihn nicht nachher seine Gattin des Nachts zu Hause gehalten haͤtte. Doch ist derselbe niemals recht bei Verstande gewesen.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#b">Plater</hi> erzaͤhlt in seinen <hi rendition="#b">Observat. Lib. <hi rendition="#aq">I</hi>. pag. 12 </hi> von dem zu seiner Zeit sehr beruͤhmten Buchdrucker, <hi rendition="#b">Johann Oporinus,</hi> folgendes. Als dieser sich einstmals mit meinem (Platers) Vater, welcher auch ein Buchdrucker war, auf der Reise befand, und wegen einbrechender Nacht unterwegs in einem schlechten Wirthshause einkehren mußten, fing an, damit sie die Nacht ohne Schlaf hinbringen moͤchten, ein griechisches Buch zu corrigiren. Oporinus schlief, indem er den Text vorlas, daruͤber ein, dennoch aber hoͤrte er nicht auf fortzulesen. Als ihn endlich Platers Vater aufweckte, wußte er von allem, was er gelesen, nichts, ob er gleich im Schlafe eine ganze Seite gelesen hatte. Eben dasselbe habe ich auch an andern oft beobachtet, faͤhrt Plater fort, und es ist mir selbst zuweilen begegnet, daß, wenn ich Abends zu Bette gegangen und in einem Buche gelesen, daruͤber aber eingeschlafen bin, ich dennoch nicht aufgehoͤrt habe zu lesen. Und wenn man mich nach einiger Zeit ermuntert, habe ich von alle dem, was ich gelesen, mir nicht das Geringste entsinnen koͤnnen. Ja oft bin ich nach dem Abendessen bei<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0118]
sein Nachtwandeln fortgesetzt haben, wenn ihn nicht nachher seine Gattin des Nachts zu Hause gehalten haͤtte. Doch ist derselbe niemals recht bei Verstande gewesen.
Plater erzaͤhlt in seinen Observat. Lib. I. pag. 12 von dem zu seiner Zeit sehr beruͤhmten Buchdrucker, Johann Oporinus, folgendes. Als dieser sich einstmals mit meinem (Platers) Vater, welcher auch ein Buchdrucker war, auf der Reise befand, und wegen einbrechender Nacht unterwegs in einem schlechten Wirthshause einkehren mußten, fing an, damit sie die Nacht ohne Schlaf hinbringen moͤchten, ein griechisches Buch zu corrigiren. Oporinus schlief, indem er den Text vorlas, daruͤber ein, dennoch aber hoͤrte er nicht auf fortzulesen. Als ihn endlich Platers Vater aufweckte, wußte er von allem, was er gelesen, nichts, ob er gleich im Schlafe eine ganze Seite gelesen hatte. Eben dasselbe habe ich auch an andern oft beobachtet, faͤhrt Plater fort, und es ist mir selbst zuweilen begegnet, daß, wenn ich Abends zu Bette gegangen und in einem Buche gelesen, daruͤber aber eingeschlafen bin, ich dennoch nicht aufgehoͤrt habe zu lesen. Und wenn man mich nach einiger Zeit ermuntert, habe ich von alle dem, was ich gelesen, mir nicht das Geringste entsinnen koͤnnen. Ja oft bin ich nach dem Abendessen bei
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