Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
Es ist ungemein schwer, die vorbeschriebene Person endlich wieder zu erwecken. Je länger man mit ihr gesprochen, je mehr man mit ihr vorgenommen, und je stärker ihre Einbildungskraft erregt worden ist, desto schwerer ists, sie aus dem Schlafe zu bringen. Das Rufen bei Nahmen hilft nichts. Jhre Herrschaft nur allein ist nach vielen Rufen im Stande, sie endlich wieder zu ermuntern. Doch alles, was sie bei solchem Erwachen thut, geschieht annoch
Es ist ungemein schwer, die vorbeschriebene Person endlich wieder zu erwecken. Je laͤnger man mit ihr gesprochen, je mehr man mit ihr vorgenommen, und je staͤrker ihre Einbildungskraft erregt worden ist, desto schwerer ists, sie aus dem Schlafe zu bringen. Das Rufen bei Nahmen hilft nichts. Jhre Herrschaft nur allein ist nach vielen Rufen im Stande, sie endlich wieder zu ermuntern. Doch alles, was sie bei solchem Erwachen thut, geschieht annoch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0107" n="105"/><lb/> einige Schwaͤche und einiges Taumeln bei ihr zeigt: Sie schlaͤgt sich mit einem herum, sie weint, sie schilt, betet, ja alle moͤgliche Affecten erregen sich bei ihr, <hi rendition="#b">und sie ist aller ihrer Sinnen, außer des Sehens und Schmeckens</hi> maͤchtig, und was das Sonderbarste ist, so kann sie in solchem Zustande gar knuͤppeln und allerhand Handarbeiten verrichten, ja sie weiß einer jeden Sache ihre eigenthuͤmliche Stelle zu geben. Daß sie des Nachts im Schlafe geistliche und weltliche Lieder singt, ist bei ihr gar nichts neues, — und dennoch weiß sie von allem, was sie entweder im Schlafe gethan, oder man mit ihr vorgenommen, wenn sie nachher erwacht, nicht das mindeste. Sie hat eine Schwester, welche fast gleichen Zufaͤllen unterworfen ist. Beide hoͤrte man im Schlafe die ordentlichsten Discurse mit einander fuͤhren, davon sie doch beim Erwachen nichts wußten.</p> <p><hi rendition="#b">Es ist ungemein schwer, die vorbeschriebene Person endlich wieder zu erwecken. Je laͤnger man mit ihr gesprochen, je mehr man mit ihr vorgenommen, und je staͤrker ihre Einbildungskraft erregt worden ist, desto schwerer ists, sie aus dem Schlafe zu bringen.</hi> Das Rufen bei Nahmen hilft nichts. Jhre Herrschaft nur allein ist nach vielen Rufen im Stande, sie endlich wieder zu ermuntern. Doch alles, was sie bei solchem Erwachen thut, geschieht annoch<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0107]
einige Schwaͤche und einiges Taumeln bei ihr zeigt: Sie schlaͤgt sich mit einem herum, sie weint, sie schilt, betet, ja alle moͤgliche Affecten erregen sich bei ihr, und sie ist aller ihrer Sinnen, außer des Sehens und Schmeckens maͤchtig, und was das Sonderbarste ist, so kann sie in solchem Zustande gar knuͤppeln und allerhand Handarbeiten verrichten, ja sie weiß einer jeden Sache ihre eigenthuͤmliche Stelle zu geben. Daß sie des Nachts im Schlafe geistliche und weltliche Lieder singt, ist bei ihr gar nichts neues, — und dennoch weiß sie von allem, was sie entweder im Schlafe gethan, oder man mit ihr vorgenommen, wenn sie nachher erwacht, nicht das mindeste. Sie hat eine Schwester, welche fast gleichen Zufaͤllen unterworfen ist. Beide hoͤrte man im Schlafe die ordentlichsten Discurse mit einander fuͤhren, davon sie doch beim Erwachen nichts wußten.
Es ist ungemein schwer, die vorbeschriebene Person endlich wieder zu erwecken. Je laͤnger man mit ihr gesprochen, je mehr man mit ihr vorgenommen, und je staͤrker ihre Einbildungskraft erregt worden ist, desto schwerer ists, sie aus dem Schlafe zu bringen. Das Rufen bei Nahmen hilft nichts. Jhre Herrschaft nur allein ist nach vielen Rufen im Stande, sie endlich wieder zu ermuntern. Doch alles, was sie bei solchem Erwachen thut, geschieht annoch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |