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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.

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wußte alles, was man ihr vorsagt, sehr wohl zu unterscheiden, und auf das richtigste zu beantworten. Die Einbildungskraft mußte bei ihr ganz außerordentlich stark seyn; denn sobald sie nur wachend ein ihr vorhin ganz unbekanntes Clavierstück höchstens zweimal spielen und singen hören, wußte sie solches in diesem ihren Schlummer auf das genaueste, und ohne eine Sylbe oder einen Ton zu verfehlen, nachzusingen. Spricht ein Fremder, mit dem sie eben nicht vielen, obwohl einigen, Umgang gehabt, in diesem Zustande mit ihr, so erschrickt sie sich zwar anfänglich etwas, weiß aber auf Befragen, was ihr fehle, zu sagen, daß ihr ein Schall in die Ohren gekommen sey, als wenn sie denjenigen, der wirklich zu ihr geredet, sprechen gehört hätte.

Jndessen wird dieser ihr Schlummer stets stärker und zuletzt der allerhärteste Schlaf von der Welt (nehmlich nach des Erzählers Meinung). Jn solchem nun unterscheidet sie, wie gesagt, sowohl die Stimme, als auch das Gefühl und den Geruch. Man kann aber während solches Schlafes nicht nur auf das stärkste reden, schreien und lachen, ohne daß sie davon erwachen sollte, weil sie sodann gar mitschreiet, mitlacht, sondern auch eine Trommel, ja eine Pistole selbst würde sie nicht aus dem Schlafe erwecken können. Sie geht sogar, wenn man will, mit spatzieren, ob sich sodann gleich


wußte alles, was man ihr vorsagt, sehr wohl zu unterscheiden, und auf das richtigste zu beantworten. Die Einbildungskraft mußte bei ihr ganz außerordentlich stark seyn; denn sobald sie nur wachend ein ihr vorhin ganz unbekanntes Clavierstuͤck hoͤchstens zweimal spielen und singen hoͤren, wußte sie solches in diesem ihren Schlummer auf das genaueste, und ohne eine Sylbe oder einen Ton zu verfehlen, nachzusingen. Spricht ein Fremder, mit dem sie eben nicht vielen, obwohl einigen, Umgang gehabt, in diesem Zustande mit ihr, so erschrickt sie sich zwar anfaͤnglich etwas, weiß aber auf Befragen, was ihr fehle, zu sagen, daß ihr ein Schall in die Ohren gekommen sey, als wenn sie denjenigen, der wirklich zu ihr geredet, sprechen gehoͤrt haͤtte.

Jndessen wird dieser ihr Schlummer stets staͤrker und zuletzt der allerhaͤrteste Schlaf von der Welt (nehmlich nach des Erzaͤhlers Meinung). Jn solchem nun unterscheidet sie, wie gesagt, sowohl die Stimme, als auch das Gefuͤhl und den Geruch. Man kann aber waͤhrend solches Schlafes nicht nur auf das staͤrkste reden, schreien und lachen, ohne daß sie davon erwachen sollte, weil sie sodann gar mitschreiet, mitlacht, sondern auch eine Trommel, ja eine Pistole selbst wuͤrde sie nicht aus dem Schlafe erwecken koͤnnen. Sie geht sogar, wenn man will, mit spatzieren, ob sich sodann gleich

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[104/0106] wußte alles, was man ihr vorsagt, sehr wohl zu unterscheiden, und auf das richtigste zu beantworten. Die Einbildungskraft mußte bei ihr ganz außerordentlich stark seyn; denn sobald sie nur wachend ein ihr vorhin ganz unbekanntes Clavierstuͤck hoͤchstens zweimal spielen und singen hoͤren, wußte sie solches in diesem ihren Schlummer auf das genaueste, und ohne eine Sylbe oder einen Ton zu verfehlen, nachzusingen. Spricht ein Fremder, mit dem sie eben nicht vielen, obwohl einigen, Umgang gehabt, in diesem Zustande mit ihr, so erschrickt sie sich zwar anfaͤnglich etwas, weiß aber auf Befragen, was ihr fehle, zu sagen, daß ihr ein Schall in die Ohren gekommen sey, als wenn sie denjenigen, der wirklich zu ihr geredet, sprechen gehoͤrt haͤtte. Jndessen wird dieser ihr Schlummer stets staͤrker und zuletzt der allerhaͤrteste Schlaf von der Welt (nehmlich nach des Erzaͤhlers Meinung). Jn solchem nun unterscheidet sie, wie gesagt, sowohl die Stimme, als auch das Gefuͤhl und den Geruch. Man kann aber waͤhrend solches Schlafes nicht nur auf das staͤrkste reden, schreien und lachen, ohne daß sie davon erwachen sollte, weil sie sodann gar mitschreiet, mitlacht, sondern auch eine Trommel, ja eine Pistole selbst wuͤrde sie nicht aus dem Schlafe erwecken koͤnnen. Sie geht sogar, wenn man will, mit spatzieren, ob sich sodann gleich

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/106>, abgerufen am 05.12.2024.