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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.

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nünftig auf alle Punkte geantwortet, und mit ihrer Schwester und andern Anwesenden sich zu Viertel- und halben Stunden in weitläuftige Discurse eingelassen, und jener oder andern ihrer Bekannten, die sie anwesend zu seyn geglaubt, allerlei Ermahnungen gegeben, wie ein Frauenzimmer christlich, züchtig und vor der Welt unanstößig leben müßte. Dabei ihnen die etwa bemerkten Fehler nachdrücklich verwiesen, und sie zu verbessern mit sonderbaren Ausdrücken erinnert, und vornehmlich von dem elenden und vergänglichen Zustande des Menschen und den seeligen Vergnügungen des Himmels viel geredet, mit stets untermischten biblischen Sprüchen und Redensarten, -- wovon sie aber beim Erwachen niemals etwas gewußt. Wie sie denn auch christliche Lieder laut und vernehmlich damals im Schlafe gesungen, auch sich nicht stöhren lassen, wenn man mit einer Violine oder einem Clavier darein gespielt, sondern die Music und den Tact wohl beobachtet, auch wohl, wenn man ihr das Clavier aufs Bette gegeben, selbst gespielt und im Schlafe fortgefahren, außer daß in diesem Fall dann und wann ein falscher Grif mit untergelaufen. Sie sagte die in ihrer Kindheit gelernten Rollen aus Comödien mit den dazu erforderlichen Gesticulationen deutlich her, verrichtete andre feine weibliche Arbeiten;*) that,

*) Z.B. entwarf sich Muster zum Sticken, stickte, nähete und schrieb.


nuͤnftig auf alle Punkte geantwortet, und mit ihrer Schwester und andern Anwesenden sich zu Viertel- und halben Stunden in weitlaͤuftige Discurse eingelassen, und jener oder andern ihrer Bekannten, die sie anwesend zu seyn geglaubt, allerlei Ermahnungen gegeben, wie ein Frauenzimmer christlich, zuͤchtig und vor der Welt unanstoͤßig leben muͤßte. Dabei ihnen die etwa bemerkten Fehler nachdruͤcklich verwiesen, und sie zu verbessern mit sonderbaren Ausdruͤcken erinnert, und vornehmlich von dem elenden und vergaͤnglichen Zustande des Menschen und den seeligen Vergnuͤgungen des Himmels viel geredet, mit stets untermischten biblischen Spruͤchen und Redensarten, — wovon sie aber beim Erwachen niemals etwas gewußt. Wie sie denn auch christliche Lieder laut und vernehmlich damals im Schlafe gesungen, auch sich nicht stoͤhren lassen, wenn man mit einer Violine oder einem Clavier darein gespielt, sondern die Music und den Tact wohl beobachtet, auch wohl, wenn man ihr das Clavier aufs Bette gegeben, selbst gespielt und im Schlafe fortgefahren, außer daß in diesem Fall dann und wann ein falscher Grif mit untergelaufen. Sie sagte die in ihrer Kindheit gelernten Rollen aus Comoͤdien mit den dazu erforderlichen Gesticulationen deutlich her, verrichtete andre feine weibliche Arbeiten;*) that,

*) Z.B. entwarf sich Muster zum Sticken, stickte, naͤhete und schrieb.
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[99/0101] nuͤnftig auf alle Punkte geantwortet, und mit ihrer Schwester und andern Anwesenden sich zu Viertel- und halben Stunden in weitlaͤuftige Discurse eingelassen, und jener oder andern ihrer Bekannten, die sie anwesend zu seyn geglaubt, allerlei Ermahnungen gegeben, wie ein Frauenzimmer christlich, zuͤchtig und vor der Welt unanstoͤßig leben muͤßte. Dabei ihnen die etwa bemerkten Fehler nachdruͤcklich verwiesen, und sie zu verbessern mit sonderbaren Ausdruͤcken erinnert, und vornehmlich von dem elenden und vergaͤnglichen Zustande des Menschen und den seeligen Vergnuͤgungen des Himmels viel geredet, mit stets untermischten biblischen Spruͤchen und Redensarten, — wovon sie aber beim Erwachen niemals etwas gewußt. Wie sie denn auch christliche Lieder laut und vernehmlich damals im Schlafe gesungen, auch sich nicht stoͤhren lassen, wenn man mit einer Violine oder einem Clavier darein gespielt, sondern die Music und den Tact wohl beobachtet, auch wohl, wenn man ihr das Clavier aufs Bette gegeben, selbst gespielt und im Schlafe fortgefahren, außer daß in diesem Fall dann und wann ein falscher Grif mit untergelaufen. Sie sagte die in ihrer Kindheit gelernten Rollen aus Comoͤdien mit den dazu erforderlichen Gesticulationen deutlich her, verrichtete andre feine weibliche Arbeiten;*) that, *) Z.B. entwarf sich Muster zum Sticken, stickte, naͤhete und schrieb.

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  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/101>, abgerufen am 05.12.2024.