Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


Gleichgewicht der menschlichen Seelenkräfte an allen den Uebeln Schuld sind, die von uns selbst herrühren, und den Erdkreis überschwemmen. -- -- Und welcher Menschenfreund wird, durch dergleichen Beobachtungen veranlaßt, nicht wünschen, daß durch eine genaue Kenntniß des menschlichen Herzens immer mehrere Heilmethoden jener Seelenkrankheiten in Gang gebracht werden mögten, und daß vornehmlich jeder aufgeklärte Erzieher es sich zur Pflicht machen mögte, auf die Mittel, Umstände, Lagen, Jdeenverbindungen, moralischen Gefühle Acht zu geben, wodurch die Seele nach und nach, oder auch auf einmal zu einem gesunden Selbstbesinnen kommt.

Jch habe so manchmal darüber nachgedacht, woher es doch kommen möge, daß bei aller neuen Erziehungskunst und Aufklärung, wenn man das Ding beim Lichte betrachtet, die Menschen doch noch nicht viel besser geworden sind, und zu werden scheinen, und ich habe gefunden, daß noch nicht die genauste Aufmerksamkeit auf die Bildung junger Seelen gewandt werden müsse. Bei noch genauern Beobachtungen, und durch den Umgang mit vielerlei Erziehern und Zöglingen habe ich vornehmlich wahrgenommen, daß man den ersten versteckten Keimen des moralischen Uebels in den Kinderseelen nicht nur nicht fleißig genug nachspürt, sondern auch bei den ersten Aeußerungen der Sin-


Gleichgewicht der menschlichen Seelenkraͤfte an allen den Uebeln Schuld sind, die von uns selbst herruͤhren, und den Erdkreis uͤberschwemmen. — — Und welcher Menschenfreund wird, durch dergleichen Beobachtungen veranlaßt, nicht wuͤnschen, daß durch eine genaue Kenntniß des menschlichen Herzens immer mehrere Heilmethoden jener Seelenkrankheiten in Gang gebracht werden moͤgten, und daß vornehmlich jeder aufgeklaͤrte Erzieher es sich zur Pflicht machen moͤgte, auf die Mittel, Umstaͤnde, Lagen, Jdeenverbindungen, moralischen Gefuͤhle Acht zu geben, wodurch die Seele nach und nach, oder auch auf einmal zu einem gesunden Selbstbesinnen kommt.

Jch habe so manchmal daruͤber nachgedacht, woher es doch kommen moͤge, daß bei aller neuen Erziehungskunst und Aufklaͤrung, wenn man das Ding beim Lichte betrachtet, die Menschen doch noch nicht viel besser geworden sind, und zu werden scheinen, und ich habe gefunden, daß noch nicht die genauste Aufmerksamkeit auf die Bildung junger Seelen gewandt werden muͤsse. Bei noch genauern Beobachtungen, und durch den Umgang mit vielerlei Erziehern und Zoͤglingen habe ich vornehmlich wahrgenommen, daß man den ersten versteckten Keimen des moralischen Uebels in den Kinderseelen nicht nur nicht fleißig genug nachspuͤrt, sondern auch bei den ersten Aeußerungen der Sin-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0052" n="52"/><lb/>
Gleichgewicht der                         menschlichen Seelenkra&#x0364;fte an allen den Uebeln Schuld sind, die von uns                         selbst herru&#x0364;hren, und den Erdkreis u&#x0364;berschwemmen. &#x2014; &#x2014; Und welcher                         Menschenfreund wird, durch dergleichen Beobachtungen veranlaßt, nicht                         wu&#x0364;nschen, daß durch eine genaue Kenntniß des menschlichen Herzens immer                         mehrere Heilmethoden jener Seelenkrankheiten in Gang gebracht werden mo&#x0364;gten,                         und daß vornehmlich jeder aufgekla&#x0364;rte Erzieher es sich zur Pflicht machen                         mo&#x0364;gte, auf die Mittel, Umsta&#x0364;nde, Lagen, Jdeenverbindungen, moralischen                         Gefu&#x0364;hle Acht zu geben, wodurch die Seele nach und nach, oder auch auf einmal                         zu einem gesunden Selbstbesinnen kommt.</p>
          <p>Jch habe so manchmal daru&#x0364;ber nachgedacht, woher es doch kommen mo&#x0364;ge, daß bei                         aller neuen Erziehungskunst und Aufkla&#x0364;rung, wenn man das Ding beim Lichte                         betrachtet, die Menschen doch noch nicht viel besser geworden sind, und zu                         werden scheinen, und ich habe gefunden, daß noch nicht die genauste                         Aufmerksamkeit auf die Bildung junger Seelen gewandt werden mu&#x0364;sse. Bei noch                         genauern Beobachtungen, und durch den Umgang mit vielerlei Erziehern und                         Zo&#x0364;glingen habe ich vornehmlich wahrgenommen, daß man den ersten versteckten                         Keimen des moralischen Uebels in den Kinderseelen nicht nur nicht fleißig                         genug nachspu&#x0364;rt, sondern auch bei den ersten Aeußerungen der Sin-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0052] Gleichgewicht der menschlichen Seelenkraͤfte an allen den Uebeln Schuld sind, die von uns selbst herruͤhren, und den Erdkreis uͤberschwemmen. — — Und welcher Menschenfreund wird, durch dergleichen Beobachtungen veranlaßt, nicht wuͤnschen, daß durch eine genaue Kenntniß des menschlichen Herzens immer mehrere Heilmethoden jener Seelenkrankheiten in Gang gebracht werden moͤgten, und daß vornehmlich jeder aufgeklaͤrte Erzieher es sich zur Pflicht machen moͤgte, auf die Mittel, Umstaͤnde, Lagen, Jdeenverbindungen, moralischen Gefuͤhle Acht zu geben, wodurch die Seele nach und nach, oder auch auf einmal zu einem gesunden Selbstbesinnen kommt. Jch habe so manchmal daruͤber nachgedacht, woher es doch kommen moͤge, daß bei aller neuen Erziehungskunst und Aufklaͤrung, wenn man das Ding beim Lichte betrachtet, die Menschen doch noch nicht viel besser geworden sind, und zu werden scheinen, und ich habe gefunden, daß noch nicht die genauste Aufmerksamkeit auf die Bildung junger Seelen gewandt werden muͤsse. Bei noch genauern Beobachtungen, und durch den Umgang mit vielerlei Erziehern und Zoͤglingen habe ich vornehmlich wahrgenommen, daß man den ersten versteckten Keimen des moralischen Uebels in den Kinderseelen nicht nur nicht fleißig genug nachspuͤrt, sondern auch bei den ersten Aeußerungen der Sin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/52
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/52>, abgerufen am 28.04.2024.