Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.
Wie äusserst interessant müßte es daher nicht seyn, wenn mehrere aufmerksame Menschenkenner und Erzieher die Mittel der Welt bekannt machen wollten, wie sie diese und jene Leidenschaft ihrer Zöglinge zu bessern, zu mildern, und ihr eine gute Richtung geben lernten. Z.B. Wie sie ein eigensinniges Kind von seinem Eigensinn; eine Gemüthsart, die überall das Lächerliche aufsucht, von diesem Uebel; einen Knaben oder Mädgen von ihrer Verstellungskunst, wieder ein anders von der Neigung zu lügen u.s.w. geheilt haben. Eben so wichtig für die Belehrung der Menschen würden getreue Darstellungen von schon erwachsenen Männern und Frauenzimmern seyn: wie sie nach und nach über so manchen Fehler ihres Herzens Herren wurden,
Wie aͤusserst interessant muͤßte es daher nicht seyn, wenn mehrere aufmerksame Menschenkenner und Erzieher die Mittel der Welt bekannt machen wollten, wie sie diese und jene Leidenschaft ihrer Zoͤglinge zu bessern, zu mildern, und ihr eine gute Richtung geben lernten. Z.B. Wie sie ein eigensinniges Kind von seinem Eigensinn; eine Gemuͤthsart, die uͤberall das Laͤcherliche aufsucht, von diesem Uebel; einen Knaben oder Maͤdgen von ihrer Verstellungskunst, wieder ein anders von der Neigung zu luͤgen u.s.w. geheilt haben. Eben so wichtig fuͤr die Belehrung der Menschen wuͤrden getreue Darstellungen von schon erwachsenen Maͤnnern und Frauenzimmern seyn: wie sie nach und nach uͤber so manchen Fehler ihres Herzens Herren wurden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0053" n="53"/><lb/> neslust, des Ehrgeitzes, der Rechthaberei, des Eigensinnes, der Spottsucht und anderer Herzensseuchen zu sorglos ist, und das Uebel nicht auf eine weise und geschickte Art in der Geburt zu ersticken sucht. Man arbeitet immer zu sehr <hi rendition="#b">im Ganzen,</hi> hemmt nur den Ausbruch grober Fehler, und laͤßt die Cultur des <hi rendition="#b">besondern</hi> Menschen, oder jeder seiner <hi rendition="#b">individuellen</hi> Leidenschaften liegen. Freilich kostet dies sehr viel Menschenstudirung, sehr vielen paͤdagogischen Fleiß; allein der Garten wird immer verwildert bleiben, wenn nicht das Unkraut mit der Wurzel ausgerissen wird, und hie und da Nesseln stehen bleiben, die man auszureissen nicht der Muͤhe werth achtet.</p> <p>Wie aͤusserst interessant muͤßte es daher nicht seyn, wenn mehrere aufmerksame Menschenkenner und Erzieher die Mittel der Welt bekannt machen wollten, <hi rendition="#b">wie</hi> sie <hi rendition="#b">diese und jene</hi> Leidenschaft ihrer Zoͤglinge zu bessern, zu mildern, und ihr eine gute Richtung geben lernten. Z.B. Wie sie ein eigensinniges Kind von seinem Eigensinn; eine Gemuͤthsart, die uͤberall das Laͤcherliche aufsucht, von diesem Uebel; einen Knaben oder Maͤdgen von ihrer Verstellungskunst, wieder ein anders von der Neigung zu luͤgen u.s.w. geheilt haben. Eben so wichtig fuͤr die Belehrung der Menschen wuͤrden getreue Darstellungen von schon erwachsenen Maͤnnern und Frauenzimmern seyn: <hi rendition="#b">wie</hi> sie nach und nach uͤber so manchen Fehler ihres Herzens Herren wurden,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0053]
neslust, des Ehrgeitzes, der Rechthaberei, des Eigensinnes, der Spottsucht und anderer Herzensseuchen zu sorglos ist, und das Uebel nicht auf eine weise und geschickte Art in der Geburt zu ersticken sucht. Man arbeitet immer zu sehr im Ganzen, hemmt nur den Ausbruch grober Fehler, und laͤßt die Cultur des besondern Menschen, oder jeder seiner individuellen Leidenschaften liegen. Freilich kostet dies sehr viel Menschenstudirung, sehr vielen paͤdagogischen Fleiß; allein der Garten wird immer verwildert bleiben, wenn nicht das Unkraut mit der Wurzel ausgerissen wird, und hie und da Nesseln stehen bleiben, die man auszureissen nicht der Muͤhe werth achtet.
Wie aͤusserst interessant muͤßte es daher nicht seyn, wenn mehrere aufmerksame Menschenkenner und Erzieher die Mittel der Welt bekannt machen wollten, wie sie diese und jene Leidenschaft ihrer Zoͤglinge zu bessern, zu mildern, und ihr eine gute Richtung geben lernten. Z.B. Wie sie ein eigensinniges Kind von seinem Eigensinn; eine Gemuͤthsart, die uͤberall das Laͤcherliche aufsucht, von diesem Uebel; einen Knaben oder Maͤdgen von ihrer Verstellungskunst, wieder ein anders von der Neigung zu luͤgen u.s.w. geheilt haben. Eben so wichtig fuͤr die Belehrung der Menschen wuͤrden getreue Darstellungen von schon erwachsenen Maͤnnern und Frauenzimmern seyn: wie sie nach und nach uͤber so manchen Fehler ihres Herzens Herren wurden,
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/53>, abgerufen am 27.07.2024. |