Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.
Aaron kam uns entgegen, und stellte mich seinem Bruder Moses vor, der sich meinem Gebete empfahl. Dieser Himmel ist ganz von gediegenem Golde; aber die Engel, die ihn bewohnen, sind nicht so freudigen Muths, als die der andern Himmel, und sie haben Ursach dazu. Denn eben hier werden die Behältnisse der göttlichen Rache, das verzehrende und ewige Feuer des göttlichen Zorns, die Strafen verstockter Sünder, und vornehmlich die Qualen für die Araber aufbewahrt, welche den Jsmaelismus nicht annehmen wollen. Dieses beunruhigende Schauspiel machte, daß ich meine Reise beschleunigte, und nunmehr von meinem englischen Führer begleitet, den sechsten Himmel bestieg. Hier traf ich den Moses noch einmal an, welcher, als er mich erblickte, zu weinen anfing, weil, wie er sagte, ich mehr Araber in's Paradies führen würde, als je Juden hinein gekommen wären. Jch tröstete, so viel ich konnte, den Vater der Jsraeliten, und langte zu meinem grossen Erstaunen mit einem schnellern Fluge, als menschliche Gedanken, im siebenten und lezten Himmel an. Dies sollte das Endziel meiner Reise seyn. Jch bin nicht im Stande, getreue Gläubige, euch einen Begriff von dem unaussprechlichen Glanze
Aaron kam uns entgegen, und stellte mich seinem Bruder Moses vor, der sich meinem Gebete empfahl. Dieser Himmel ist ganz von gediegenem Golde; aber die Engel, die ihn bewohnen, sind nicht so freudigen Muths, als die der andern Himmel, und sie haben Ursach dazu. Denn eben hier werden die Behaͤltnisse der goͤttlichen Rache, das verzehrende und ewige Feuer des goͤttlichen Zorns, die Strafen verstockter Suͤnder, und vornehmlich die Qualen fuͤr die Araber aufbewahrt, welche den Jsmaelismus nicht annehmen wollen. Dieses beunruhigende Schauspiel machte, daß ich meine Reise beschleunigte, und nunmehr von meinem englischen Fuͤhrer begleitet, den sechsten Himmel bestieg. Hier traf ich den Moses noch einmal an, welcher, als er mich erblickte, zu weinen anfing, weil, wie er sagte, ich mehr Araber in's Paradies fuͤhren wuͤrde, als je Juden hinein gekommen waͤren. Jch troͤstete, so viel ich konnte, den Vater der Jsraeliten, und langte zu meinem grossen Erstaunen mit einem schnellern Fluge, als menschliche Gedanken, im siebenten und lezten Himmel an. Dies sollte das Endziel meiner Reise seyn. Jch bin nicht im Stande, getreue Glaͤubige, euch einen Begriff von dem unaussprechlichen Glanze <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0065" n="63"/><lb/> mein Herz zu sehr, um es laͤnger anhoͤren zu koͤnnen, und wir begaben uns schnell zu dem Thore des fuͤnften Himmels, das sich sogleich aufthat.</p> <p><hi rendition="#b">Aaron</hi> kam uns entgegen, und stellte mich seinem Bruder <hi rendition="#b">Moses</hi> vor, der sich meinem Gebete empfahl. Dieser Himmel ist ganz von gediegenem Golde; aber die Engel, die ihn bewohnen, sind nicht so freudigen Muths, als die der andern Himmel, und sie haben Ursach dazu. Denn eben hier werden die Behaͤltnisse der goͤttlichen Rache, das verzehrende und ewige Feuer des goͤttlichen Zorns, die Strafen verstockter Suͤnder, und vornehmlich die Qualen fuͤr die Araber aufbewahrt, welche den <hi rendition="#b">Jsmaelismus</hi> nicht annehmen wollen. Dieses beunruhigende Schauspiel machte, daß ich meine Reise beschleunigte, und nunmehr von meinem englischen Fuͤhrer begleitet, den sechsten Himmel bestieg. Hier traf ich den <hi rendition="#b">Moses</hi> noch einmal an, welcher, als er mich erblickte, zu weinen anfing, weil, wie er sagte, ich mehr <hi rendition="#b">Araber</hi> in's Paradies fuͤhren wuͤrde, als je Juden hinein gekommen waͤren. Jch troͤstete, so viel ich konnte, den Vater der Jsraeliten, und langte zu meinem grossen Erstaunen mit einem schnellern Fluge, als menschliche Gedanken, im siebenten und lezten Himmel an. Dies sollte das Endziel meiner Reise seyn.</p> <p>Jch bin nicht im Stande, getreue Glaͤubige, euch einen Begriff von dem unaussprechlichen Glanze<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0065]
mein Herz zu sehr, um es laͤnger anhoͤren zu koͤnnen, und wir begaben uns schnell zu dem Thore des fuͤnften Himmels, das sich sogleich aufthat.
Aaron kam uns entgegen, und stellte mich seinem Bruder Moses vor, der sich meinem Gebete empfahl. Dieser Himmel ist ganz von gediegenem Golde; aber die Engel, die ihn bewohnen, sind nicht so freudigen Muths, als die der andern Himmel, und sie haben Ursach dazu. Denn eben hier werden die Behaͤltnisse der goͤttlichen Rache, das verzehrende und ewige Feuer des goͤttlichen Zorns, die Strafen verstockter Suͤnder, und vornehmlich die Qualen fuͤr die Araber aufbewahrt, welche den Jsmaelismus nicht annehmen wollen. Dieses beunruhigende Schauspiel machte, daß ich meine Reise beschleunigte, und nunmehr von meinem englischen Fuͤhrer begleitet, den sechsten Himmel bestieg. Hier traf ich den Moses noch einmal an, welcher, als er mich erblickte, zu weinen anfing, weil, wie er sagte, ich mehr Araber in's Paradies fuͤhren wuͤrde, als je Juden hinein gekommen waͤren. Jch troͤstete, so viel ich konnte, den Vater der Jsraeliten, und langte zu meinem grossen Erstaunen mit einem schnellern Fluge, als menschliche Gedanken, im siebenten und lezten Himmel an. Dies sollte das Endziel meiner Reise seyn.
Jch bin nicht im Stande, getreue Glaͤubige, euch einen Begriff von dem unaussprechlichen Glanze
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/65>, abgerufen am 16.02.2025. |