Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.Ueberhaupt ist dieses schwärmerische Weib von nichts so sehr überzeugt, als von der Wahrheit ihrer Träumereien. Daß sie den tiefsten Eindruck auf ihre Seele gemacht haben, der auch wohl schwerlich je wird wieder ausgelöscht werden können, zeigen ihre Erzählungen der kleinsten Umstände ihrer Visionen nach so langen Jahren. Einige Worte, die Gott mit ihr gesprochen haben soll, um sich von ihrem Manne zu trennen, und die so lauten: Gehe aus von ihm, denn ich will ihn verderben, hat sie sogar mit goldenen Buchstaben auf ein Stück Sammet gestickt. Zu mehrerer Erkenntniß und Beurtheilung der ganzen Sache will ich das Wichtigste hierher gehörige, aus zweien Briefen des verdienstvollen Herrn Pfarrer "Die viele Mühe, die sich Madam Beuter bei Zeichnung ihrer Visionen gegeben, die Zuversicht, mit der sie spricht, diese Worte gehört zu haben, so daß sie lieber tausend Leben liesse, als sich eine Sylbe davon wegdisputiren, zeigen doch wirklich, daß ihre Erscheinungen und gehörte Stimmen den tiefsten Eindruck auf ihre Seele gemacht haben müssen. Eins von ihren Gemälden habe ich schon seit Jahr und Tag in Händen, und doch kann sie noch Jedem auf's genauste alles pünktlich sagen, was darauf steht. Wie ich überhaupt erstaunen muß, Ueberhaupt ist dieses schwaͤrmerische Weib von nichts so sehr uͤberzeugt, als von der Wahrheit ihrer Traͤumereien. Daß sie den tiefsten Eindruck auf ihre Seele gemacht haben, der auch wohl schwerlich je wird wieder ausgeloͤscht werden koͤnnen, zeigen ihre Erzaͤhlungen der kleinsten Umstaͤnde ihrer Visionen nach so langen Jahren. Einige Worte, die Gott mit ihr gesprochen haben soll, um sich von ihrem Manne zu trennen, und die so lauten: Gehe aus von ihm, denn ich will ihn verderben, hat sie sogar mit goldenen Buchstaben auf ein Stuͤck Sammet gestickt. Zu mehrerer Erkenntniß und Beurtheilung der ganzen Sache will ich das Wichtigste hierher gehoͤrige, aus zweien Briefen des verdienstvollen Herrn Pfarrer »Die viele Muͤhe, die sich Madam Beuter bei Zeichnung ihrer Visionen gegeben, die Zuversicht, mit der sie spricht, diese Worte gehoͤrt zu haben, so daß sie lieber tausend Leben liesse, als sich eine Sylbe davon wegdisputiren, zeigen doch wirklich, daß ihre Erscheinungen und gehoͤrte Stimmen den tiefsten Eindruck auf ihre Seele gemacht haben muͤssen. Eins von ihren Gemaͤlden habe ich schon seit Jahr und Tag in Haͤnden, und doch kann sie noch Jedem auf's genauste alles puͤnktlich sagen, was darauf steht. Wie ich uͤberhaupt erstaunen muß, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0041" n="39"/><lb/> <p>Ueberhaupt ist dieses schwaͤrmerische Weib von nichts so sehr uͤberzeugt, als von der Wahrheit ihrer Traͤumereien. Daß sie den tiefsten Eindruck auf ihre Seele gemacht haben, der auch wohl schwerlich je wird wieder ausgeloͤscht werden koͤnnen, zeigen ihre Erzaͤhlungen der kleinsten Umstaͤnde ihrer Visionen nach so langen Jahren. Einige Worte, die Gott mit ihr gesprochen haben soll, um sich von ihrem Manne zu trennen, und die so lauten: <hi rendition="#b">Gehe aus von ihm, denn ich will ihn verderben,</hi> hat sie sogar mit goldenen Buchstaben auf ein Stuͤck Sammet gestickt.</p> <p>Zu mehrerer Erkenntniß und Beurtheilung der ganzen Sache will ich das Wichtigste hierher gehoͤrige, aus zweien Briefen des verdienstvollen Herrn Pfarrer <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0090"><note type="editorial">Muͤller, Melchior Ludwig</note>Muͤller</persName></hi> zum heil. Kreuz in Augsburg, auszugsweise hersetzen.</p> <p>»Die viele Muͤhe, die sich Madam <hi rendition="#b">Beuter</hi> bei Zeichnung ihrer Visionen gegeben, die Zuversicht, mit der sie spricht, diese Worte gehoͤrt zu haben, so daß sie lieber tausend Leben liesse, als sich eine Sylbe davon wegdisputiren, zeigen doch wirklich, daß ihre Erscheinungen und gehoͤrte Stimmen den tiefsten Eindruck auf ihre Seele gemacht haben muͤssen. Eins von ihren Gemaͤlden habe ich schon seit Jahr und Tag in Haͤnden, und doch kann sie noch Jedem auf's genauste alles puͤnktlich sagen, was darauf steht. Wie ich uͤberhaupt erstaunen muß,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0041]
Ueberhaupt ist dieses schwaͤrmerische Weib von nichts so sehr uͤberzeugt, als von der Wahrheit ihrer Traͤumereien. Daß sie den tiefsten Eindruck auf ihre Seele gemacht haben, der auch wohl schwerlich je wird wieder ausgeloͤscht werden koͤnnen, zeigen ihre Erzaͤhlungen der kleinsten Umstaͤnde ihrer Visionen nach so langen Jahren. Einige Worte, die Gott mit ihr gesprochen haben soll, um sich von ihrem Manne zu trennen, und die so lauten: Gehe aus von ihm, denn ich will ihn verderben, hat sie sogar mit goldenen Buchstaben auf ein Stuͤck Sammet gestickt.
Zu mehrerer Erkenntniß und Beurtheilung der ganzen Sache will ich das Wichtigste hierher gehoͤrige, aus zweien Briefen des verdienstvollen Herrn Pfarrer Muͤller zum heil. Kreuz in Augsburg, auszugsweise hersetzen.
»Die viele Muͤhe, die sich Madam Beuter bei Zeichnung ihrer Visionen gegeben, die Zuversicht, mit der sie spricht, diese Worte gehoͤrt zu haben, so daß sie lieber tausend Leben liesse, als sich eine Sylbe davon wegdisputiren, zeigen doch wirklich, daß ihre Erscheinungen und gehoͤrte Stimmen den tiefsten Eindruck auf ihre Seele gemacht haben muͤssen. Eins von ihren Gemaͤlden habe ich schon seit Jahr und Tag in Haͤnden, und doch kann sie noch Jedem auf's genauste alles puͤnktlich sagen, was darauf steht. Wie ich uͤberhaupt erstaunen muß,
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/41>, abgerufen am 27.07.2024. |