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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.

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burg gewohnt hat, glaubt schon seit mehrern Jahren her, himmlische Erscheinungen zu haben, und glaubt sie so steif und fest, daß sie auf keine Art davon abgebracht werden kann. Sie hat nicht nur eigene Berichte darüber aufgesezt, sondern verschiedene der gehabten Erscheinungen, so weit sich ihr Talent im Malen erstreckte, sehr vielfarbig abgezeichnet, davon ich die Zeichnungen selbst in Händen gehabt habe.

Das erste Gemälde stellt eine Stube vor, die durch einen himmlischen Glanz erleuchtet wird. Die Geisterseherinn liegt im Bette. Zu ihrer Linken sizt ein himmlisches Wesen in einem blauen Kleide, zur Rechten steht ein Engel mit ausgebreiteten Flügeln, und neben dem Engel ein Teufel (so wie man beide Herren sehr oft in mystischen Kupfern zusammen gemacht findet) in schrecklicher Gestalt. Aus dem Munde des Engels gehen die Worte: Herr, laß es genug seyn! Unter das Gemälde hat sie mit eigener Hand geschrieben: "Diß gesicht ist geschehen und gesehen worden von mir Euphersyna Beitherin in Lindau im Monat December Morgens um 1/2 5 Uhr 1771, als die Nacht noch stark finster war, wurde es um diese Zeit, auf einmahl heller Tag, zu meiner Verwunderung saß zugleich eine Himmlische Persohn gegen meine Linken Seite. an meiner rechten ein Engel Gottes, in der Höhe gegenüber eine Klarheit. Diese ließe sich 4 Mahl sehen, zwischen ihrer abwechslung empfand


burg gewohnt hat, glaubt schon seit mehrern Jahren her, himmlische Erscheinungen zu haben, und glaubt sie so steif und fest, daß sie auf keine Art davon abgebracht werden kann. Sie hat nicht nur eigene Berichte daruͤber aufgesezt, sondern verschiedene der gehabten Erscheinungen, so weit sich ihr Talent im Malen erstreckte, sehr vielfarbig abgezeichnet, davon ich die Zeichnungen selbst in Haͤnden gehabt habe.

Das erste Gemaͤlde stellt eine Stube vor, die durch einen himmlischen Glanz erleuchtet wird. Die Geisterseherinn liegt im Bette. Zu ihrer Linken sizt ein himmlisches Wesen in einem blauen Kleide, zur Rechten steht ein Engel mit ausgebreiteten Fluͤgeln, und neben dem Engel ein Teufel (so wie man beide Herren sehr oft in mystischen Kupfern zusammen gemacht findet) in schrecklicher Gestalt. Aus dem Munde des Engels gehen die Worte: Herr, laß es genug seyn! Unter das Gemaͤlde hat sie mit eigener Hand geschrieben: »Diß gesicht ist geschehen und gesehen worden von mir Euphersyna Beitherin in Lindau im Monat December Morgens um ½ 5 Uhr 1771, als die Nacht noch stark finster war, wurde es um diese Zeit, auf einmahl heller Tag, zu meiner Verwunderung saß zugleich eine Himmlische Persohn gegen meine Linken Seite. an meiner rechten ein Engel Gottes, in der Hoͤhe gegenuͤber eine Klarheit. Diese ließe sich 4 Mahl sehen, zwischen ihrer abwechslung empfand

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[37/0039] burg gewohnt hat, glaubt schon seit mehrern Jahren her, himmlische Erscheinungen zu haben, und glaubt sie so steif und fest, daß sie auf keine Art davon abgebracht werden kann. Sie hat nicht nur eigene Berichte daruͤber aufgesezt, sondern verschiedene der gehabten Erscheinungen, so weit sich ihr Talent im Malen erstreckte, sehr vielfarbig abgezeichnet, davon ich die Zeichnungen selbst in Haͤnden gehabt habe. Das erste Gemaͤlde stellt eine Stube vor, die durch einen himmlischen Glanz erleuchtet wird. Die Geisterseherinn liegt im Bette. Zu ihrer Linken sizt ein himmlisches Wesen in einem blauen Kleide, zur Rechten steht ein Engel mit ausgebreiteten Fluͤgeln, und neben dem Engel ein Teufel (so wie man beide Herren sehr oft in mystischen Kupfern zusammen gemacht findet) in schrecklicher Gestalt. Aus dem Munde des Engels gehen die Worte: Herr, laß es genug seyn! Unter das Gemaͤlde hat sie mit eigener Hand geschrieben: »Diß gesicht ist geschehen und gesehen worden von mir Euphersyna Beitherin in Lindau im Monat December Morgens um ½ 5 Uhr 1771, als die Nacht noch stark finster war, wurde es um diese Zeit, auf einmahl heller Tag, zu meiner Verwunderung saß zugleich eine Himmlische Persohn gegen meine Linken Seite. an meiner rechten ein Engel Gottes, in der Hoͤhe gegenuͤber eine Klarheit. Diese ließe sich 4 Mahl sehen, zwischen ihrer abwechslung empfand

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/39>, abgerufen am 24.04.2024.