können. Der vornehmste Grund von solchen abergläubischen und schwärmerischen Meinungen liegt theils in der so grossen Neigung des Menschen zum Wunderbaren; theils auch, und vornehmlich darin, daß wir unsere Kinder damit von Jugend auf unterhalten, und ihnen die Lesung gewisser Bücher zur Pflicht machen, worin dergleichen Erscheinungen Gottes, der Engel und Teufel fast auf allen Seiten vorkommen. Man wird vergeblich wider den Aberglauben und die Schwärmerei predigen, so lange dergleichen geistervolle Schriften nicht behutsamer der Jugend überreicht, und deutlicher, als gemeiniglich geschieht, erklärt werden. - "Was diesem und jenem Mann in vorigen Zeiten geschahe, kann auch sich mir besonders nähern!" Was ist natürlicher, als daß solche Gedanken bei einer nur etwas lebhaften, durch Religionsempfindelei verschrobenen, Phantasie in uns entstehen können! Was natürlicher, da diese Gedanken die menschliche Eitelkeit so sehr nähren, uns über andere Menschen erheben, und ein gewisses behägliches Gefühl von Glückseligkeit erzeugen, das allen Schwärmern bei ihren Phantasien so eigen ist!
Pockels, Carl FriedrichP.
Madam Beuter, welche sich jezt zu Lindau am Bodensee aufhält, nachdem sie vorher in Augs-
koͤnnen. Der vornehmste Grund von solchen aberglaͤubischen und schwaͤrmerischen Meinungen liegt theils in der so grossen Neigung des Menschen zum Wunderbaren; theils auch, und vornehmlich darin, daß wir unsere Kinder damit von Jugend auf unterhalten, und ihnen die Lesung gewisser Buͤcher zur Pflicht machen, worin dergleichen Erscheinungen Gottes, der Engel und Teufel fast auf allen Seiten vorkommen. Man wird vergeblich wider den Aberglauben und die Schwaͤrmerei predigen, so lange dergleichen geistervolle Schriften nicht behutsamer der Jugend uͤberreicht, und deutlicher, als gemeiniglich geschieht, erklaͤrt werden. – »Was diesem und jenem Mann in vorigen Zeiten geschahe, kann auch sich mir besonders naͤhern!« Was ist natuͤrlicher, als daß solche Gedanken bei einer nur etwas lebhaften, durch Religionsempfindelei verschrobenen, Phantasie in uns entstehen koͤnnen! Was natuͤrlicher, da diese Gedanken die menschliche Eitelkeit so sehr naͤhren, uns uͤber andere Menschen erheben, und ein gewisses behaͤgliches Gefuͤhl von Gluͤckseligkeit erzeugen, das allen Schwaͤrmern bei ihren Phantasien so eigen ist!
Pockels, Carl FriedrichP.
Madam Beuter, welche sich jezt zu Lindau am Bodensee aufhaͤlt, nachdem sie vorher in Augs-
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koͤnnen.</hi> Der vornehmste Grund von solchen aberglaͤubischen und schwaͤrmerischen Meinungen liegt theils in der so grossen Neigung des Menschen zum Wunderbaren; theils auch, und vornehmlich darin, daß wir unsere Kinder damit von Jugend auf unterhalten, und ihnen die Lesung gewisser Buͤcher zur Pflicht machen, worin dergleichen Erscheinungen Gottes, der Engel und Teufel fast auf allen Seiten vorkommen. Man wird vergeblich wider den Aberglauben und die Schwaͤrmerei predigen, so lange dergleichen geistervolle Schriften nicht behutsamer der Jugend uͤberreicht, und deutlicher, als gemeiniglich geschieht, erklaͤrt werden. – »Was diesem und jenem Mann in vorigen Zeiten geschahe, kann auch sich mir besonders naͤhern!« Was ist natuͤrlicher, als daß solche Gedanken bei einer nur etwas lebhaften, durch Religionsempfindelei verschrobenen, Phantasie in uns entstehen koͤnnen! Was natuͤrlicher, da diese Gedanken die menschliche Eitelkeit so sehr naͤhren, uns uͤber andere Menschen erheben, und ein gewisses behaͤgliches Gefuͤhl von Gluͤckseligkeit erzeugen, das allen Schwaͤrmern bei ihren Phantasien so eigen ist!</p><prendition="#right"><hirendition="#b"><persNameref="#ref0002"><notetype="editorial">Pockels, Carl Friedrich</note>P.</persName></hi></p><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Madam <hirendition="#b">Beuter,</hi> welche sich jezt zu Lindau am Bodensee aufhaͤlt, nachdem sie vorher in Augs-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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koͤnnen. Der vornehmste Grund von solchen aberglaͤubischen und schwaͤrmerischen Meinungen liegt theils in der so grossen Neigung des Menschen zum Wunderbaren; theils auch, und vornehmlich darin, daß wir unsere Kinder damit von Jugend auf unterhalten, und ihnen die Lesung gewisser Buͤcher zur Pflicht machen, worin dergleichen Erscheinungen Gottes, der Engel und Teufel fast auf allen Seiten vorkommen. Man wird vergeblich wider den Aberglauben und die Schwaͤrmerei predigen, so lange dergleichen geistervolle Schriften nicht behutsamer der Jugend uͤberreicht, und deutlicher, als gemeiniglich geschieht, erklaͤrt werden. – »Was diesem und jenem Mann in vorigen Zeiten geschahe, kann auch sich mir besonders naͤhern!« Was ist natuͤrlicher, als daß solche Gedanken bei einer nur etwas lebhaften, durch Religionsempfindelei verschrobenen, Phantasie in uns entstehen koͤnnen! Was natuͤrlicher, da diese Gedanken die menschliche Eitelkeit so sehr naͤhren, uns uͤber andere Menschen erheben, und ein gewisses behaͤgliches Gefuͤhl von Gluͤckseligkeit erzeugen, das allen Schwaͤrmern bei ihren Phantasien so eigen ist!
P.
Madam Beuter, welche sich jezt zu Lindau am Bodensee aufhaͤlt, nachdem sie vorher in Augs-
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/38>, abgerufen am 26.07.2024.
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