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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.

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es wieder eben so vielmal an die Thüre. Nun losch Hr. H. das Licht aus, und blieb liegen; gleich geschahen wieder drey stärkere Schläge. Hr. H. stand auf, öfnete die Thüre, sah und suchte, und fand niemand; er machte, um zu sehen, ob nicht ein Zugwind die Ofenthüre hin und her geschlagen habe, auch diese auf; aber -- auch dieses fand er nicht. Da er nun gar nichts wahrnehmen und sich von keiner Täuschung auf irgend eine Art überzeugen konnte, legte er sich, in Zweifel vertieft, wieder in's Bett. Aber -- schon früh meldete man ihm den Tod seines Geliebten, der eben um jene Zeit erfolgte, nachdem er kurz vorher noch von Hr. H. gesprochen hatte.

Dies erzählte mir Hr. H., ein Mann von unbefangener Beurtheilungskraft und von der richtigsten Denkart; -- ein Mann, der zuvor alles Melden, alle Ahndungen, Todtenerscheinungen u.d.gl. für Chimäre hielt; von der Zeit an aber durch diese Begebenheit darauf aufmerksam ward. -- Noch


Eine Ahndung.

Hr. D. erzählte mir: sein Vater sey von den Kosacken im siebenjährigen Kriege ganz ausgeraubt worden, so, daß er mit seiner Familie in die größte Nothdurft gerieth. Er war ein Sattler, und suchte bisher durch seiner Hände Arbeit sich nach Kräften


es wieder eben so vielmal an die Thuͤre. Nun losch Hr. H. das Licht aus, und blieb liegen; gleich geschahen wieder drey staͤrkere Schlaͤge. Hr. H. stand auf, oͤfnete die Thuͤre, sah und suchte, und fand niemand; er machte, um zu sehen, ob nicht ein Zugwind die Ofenthuͤre hin und her geschlagen habe, auch diese auf; aber — auch dieses fand er nicht. Da er nun gar nichts wahrnehmen und sich von keiner Taͤuschung auf irgend eine Art uͤberzeugen konnte, legte er sich, in Zweifel vertieft, wieder in's Bett. Aber — schon fruͤh meldete man ihm den Tod seines Geliebten, der eben um jene Zeit erfolgte, nachdem er kurz vorher noch von Hr. H. gesprochen hatte.

Dies erzaͤhlte mir Hr. H., ein Mann von unbefangener Beurtheilungskraft und von der richtigsten Denkart; — ein Mann, der zuvor alles Melden, alle Ahndungen, Todtenerscheinungen u.d.gl. fuͤr Chimaͤre hielt; von der Zeit an aber durch diese Begebenheit darauf aufmerksam ward. — Noch


Eine Ahndung.

Hr. D. erzaͤhlte mir: sein Vater sey von den Kosacken im siebenjaͤhrigen Kriege ganz ausgeraubt worden, so, daß er mit seiner Familie in die groͤßte Nothdurft gerieth. Er war ein Sattler, und suchte bisher durch seiner Haͤnde Arbeit sich nach Kraͤften

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[94/0094] es wieder eben so vielmal an die Thuͤre. Nun losch Hr. H. das Licht aus, und blieb liegen; gleich geschahen wieder drey staͤrkere Schlaͤge. Hr. H. stand auf, oͤfnete die Thuͤre, sah und suchte, und fand niemand; er machte, um zu sehen, ob nicht ein Zugwind die Ofenthuͤre hin und her geschlagen habe, auch diese auf; aber — auch dieses fand er nicht. Da er nun gar nichts wahrnehmen und sich von keiner Taͤuschung auf irgend eine Art uͤberzeugen konnte, legte er sich, in Zweifel vertieft, wieder in's Bett. Aber — schon fruͤh meldete man ihm den Tod seines Geliebten, der eben um jene Zeit erfolgte, nachdem er kurz vorher noch von Hr. H. gesprochen hatte. Dies erzaͤhlte mir Hr. H., ein Mann von unbefangener Beurtheilungskraft und von der richtigsten Denkart; — ein Mann, der zuvor alles Melden, alle Ahndungen, Todtenerscheinungen u.d.gl. fuͤr Chimaͤre hielt; von der Zeit an aber durch diese Begebenheit darauf aufmerksam ward. — Noch Eine Ahndung. Hr. D. erzaͤhlte mir: sein Vater sey von den Kosacken im siebenjaͤhrigen Kriege ganz ausgeraubt worden, so, daß er mit seiner Familie in die groͤßte Nothdurft gerieth. Er war ein Sattler, und suchte bisher durch seiner Haͤnde Arbeit sich nach Kraͤften

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/94>, abgerufen am 27.04.2024.