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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.

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griffen sind, gegen diejenigen, die das Seyn in sich faßt, auf alle Weise zu schwächen und zu verdunkeln sucht.

Bei dem Verschwender, der sich selber nur zu sehr genug ist, sieht man leicht, daß man den ganz entgegengesetzten Weg wird gehen müssen.

Die vorstellende Kraft des Wollüstigen ist zu sehr auf seinen Körper als Materie geheftet. -- Man lehre ihn unablässig den wunderbaren Bau und Zusammensetzung desselben, wodurch er zu Bewegung und Eindruck fähig wird, und die Einbildungskraft des Wollüstigen wird, wenn sie nicht in hohem Grade verderbt ist, gereinigt werden.

Die Eitelkeit entsteht aus einer Verwöhnung unsrer Denkkraft, wo wir unser eignes Jch nicht nur zum Gegenstande, sondern auch zugleich zum Zweck unsres Denkens machen. Wir können und müssen unser eignes Jch nothwendig zum Gegenstande unsres Denkens machen, wenn wir je in die Natur unsres Wesens tiefer eindringen wollen; aber ein edles Gemüth wird doch vorzüglich zu dieser Aufmerksamkeit auf sich selber angespornt, um auch andern dadurch nützlich zu seyn. -- Der eitle Mensch hingegen denkt nichts, als sich, und denkt sich, und alles übrige, was er denkt, auch bloß um seinetwillen. -- Er ist immer der Mittelpunkt von allem. --



griffen sind, gegen diejenigen, die das Seyn in sich faßt, auf alle Weise zu schwaͤchen und zu verdunkeln sucht.

Bei dem Verschwender, der sich selber nur zu sehr genug ist, sieht man leicht, daß man den ganz entgegengesetzten Weg wird gehen muͤssen.

Die vorstellende Kraft des Wolluͤstigen ist zu sehr auf seinen Koͤrper als Materie geheftet. — Man lehre ihn unablaͤssig den wunderbaren Bau und Zusammensetzung desselben, wodurch er zu Bewegung und Eindruck faͤhig wird, und die Einbildungskraft des Wolluͤstigen wird, wenn sie nicht in hohem Grade verderbt ist, gereinigt werden.

Die Eitelkeit entsteht aus einer Verwoͤhnung unsrer Denkkraft, wo wir unser eignes Jch nicht nur zum Gegenstande, sondern auch zugleich zum Zweck unsres Denkens machen. Wir koͤnnen und muͤssen unser eignes Jch nothwendig zum Gegenstande unsres Denkens machen, wenn wir je in die Natur unsres Wesens tiefer eindringen wollen; aber ein edles Gemuͤth wird doch vorzuͤglich zu dieser Aufmerksamkeit auf sich selber angespornt, um auch andern dadurch nuͤtzlich zu seyn. — Der eitle Mensch hingegen denkt nichts, als sich, und denkt sich, und alles uͤbrige, was er denkt, auch bloß um seinetwillen. — Er ist immer der Mittelpunkt von allem. —


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[7/0009] griffen sind, gegen diejenigen, die das Seyn in sich faßt, auf alle Weise zu schwaͤchen und zu verdunkeln sucht. Bei dem Verschwender, der sich selber nur zu sehr genug ist, sieht man leicht, daß man den ganz entgegengesetzten Weg wird gehen muͤssen. Die vorstellende Kraft des Wolluͤstigen ist zu sehr auf seinen Koͤrper als Materie geheftet. — Man lehre ihn unablaͤssig den wunderbaren Bau und Zusammensetzung desselben, wodurch er zu Bewegung und Eindruck faͤhig wird, und die Einbildungskraft des Wolluͤstigen wird, wenn sie nicht in hohem Grade verderbt ist, gereinigt werden. Die Eitelkeit entsteht aus einer Verwoͤhnung unsrer Denkkraft, wo wir unser eignes Jch nicht nur zum Gegenstande, sondern auch zugleich zum Zweck unsres Denkens machen. Wir koͤnnen und muͤssen unser eignes Jch nothwendig zum Gegenstande unsres Denkens machen, wenn wir je in die Natur unsres Wesens tiefer eindringen wollen; aber ein edles Gemuͤth wird doch vorzuͤglich zu dieser Aufmerksamkeit auf sich selber angespornt, um auch andern dadurch nuͤtzlich zu seyn. — Der eitle Mensch hingegen denkt nichts, als sich, und denkt sich, und alles uͤbrige, was er denkt, auch bloß um seinetwillen. — Er ist immer der Mittelpunkt von allem. —

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/9>, abgerufen am 28.04.2024.